Angesichts der föderalen Grabenkämpfe ist das Heeres-Sparpaket ein kleines Weihnachtswunder. Eine Analyse.
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Wien. Wenn sich der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) nach Präsentation des Heeres-Sparpakets erfreut zeigt, dass der Fortbestand der Salzburger Militärmusik gesichert ist, zeigt das den Stellenwert der umfassenden Landesverteidigung. Die ist zwar in der Verfassung verankert - im Gegensatz zur umfassenden Beschallung von Angelobungen mit Live-Musik. Trotzdem tobte die finale Schlacht ums Sparpaket an dieser Front. Ergebnis: 9 Bundesländer, 9 Musikkapellen. Entsprechend laut der Siegesmarsch der roten und schwarzen Landeshauptleute.
Verteidigt hat der kämpferische Landeshauptmann von Salzburg nicht nur "seine" Musikanten, sondern auch "seine" Strucker-Kaserne in Tamsweg. Diese Kaserne stand schon 2004 im Bericht der Bundesheer-Reformkommission unter Helmut Zilk auf der Streichliste, weil sie, so Bundesheerkreise, "aus militärischer und wirtschaftlicher Hinsicht ein Wahnsinn" sei. "Wir haben dort für 50 bis 60 Bedienstete denselben Verwaltungsaufwand für Instandhaltung, Überwachung, Küche wie sonst für 500."
Auch Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, der am 25. Jänner Gemeinderatswahlen zu schlagen hat, verteidigte "seine" Kaserne in Horn, die ebenfalls seit fast zehn Jahren auf der Streichliste steht, erfolgreich. Und natürlich bleibt St. Pölten ein Standort für die Musikkapelle.
Wie sich trotz der föderalen Extrawürste ein Sparpaket in Höhe von 200 Millionen Euro ausgeht?
Um mit der Priorität der heimischen Heerespolitik zu beginnen: Die Militärmusik behält zwar in jedem Land einen Standort, statt 47 Musikanten blasen aber nur noch je 20 neuen Rekruten den Marsch. Klug hätte es für sinnvoller erachtet, an vier Standorten größere Kapellen aufzustellen, die bei speziellen Anlässen die Ländergrenzen per Bus oder Bahn überwinden und groß aufgeigen. Bei kleineren Anlässen hätte die Musik vielleicht sogar aus der "Dose" kommen können, wie zuletzt die Hymne beim Besuch der Auslandssoldaten im Libanon. Nun wurde aber an der umfassenden Beschallung durch kleine Lokal-Bands festgehalten.
Trompeten statt Haubitzen
Was die Kasernen betrifft, werden 11 der geplanten 13 Standorte sehr wohl eingespart und verkauft. Bei Horn und Tamsweg will Klug an einer "weiteren Konzeption" arbeiten. Frei interpretiert: Horn kehrt nach der Gemeinderatswahl zurück auf die Streichliste.
Darüber hinaus trennt sich das Heer von schweren Waffen wie Granatwerfen, Artillerie (Haubitzen). 20 von 60 Kampfpanzern werden eingespart.
Beim Personal setzt Klug auf den natürlichen Abgang oder die Versetzung von bis zu 1400 Arbeitsplätzen bis 2018. Wer zur Finanz oder zur Justiz wechselt, bekommt drei Jahre das alte Gehalt und wird weitere drei Jahre - sofern niedriger - schonend ans neue Gehalt herangeführt.
Höchst erfreut zeigt ich Klug über zusätzlich 616 Millionen Euro für eine Stärkung der Miliz, mehr Taggeld, Updates der Black-Hawk-Hubschrauber oder der Saab 105-Flieger. 350 Millionen fließen fix, für 266 Millionen gibt es bloß Finanzierungsversprechen ab 2020. Deswegen will Klug die künftigen Einkäufe schon jetzt durch Langzeitverträge fixieren.
Kasernen-Bazar
Wie viel davon am Ende fließt, kann niemand sagen. Ebenfalls unsicher: Ob wirklich 200 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden. Denn das hängt nicht zuletzt davon ab, wie viel private Käufer bereit sind, für Kasernen zu zahlen. Dass dem "Pleite-Heer" am Ende wieder Geld fehlt, scheint so sicher wie das Veto der Landeshauptleute, wenn "ihre" Kasernen und Kapellen wieder am Spartisch landen. Das Heeres-Sparpaket beweist zweierlei: Das notorisch unterfinanzierte Heer bleibt das Stiefkind der Bundes- und Landespolitik. Und: Das real-föderale Prinzip schlägt alle anderen Prinzipien in der Verfassung, selbst wenn es um die Landesverteidigung geht.
Was den zweiten Punkt betrifft, ist für die überfälligen großen Reformen - von Steuerreform über Bildung bis Gesundheit - eigentlich alles gesagt. Hauptsache, in allen Bundesländern spielt die Marschmusik. Dabei geht es manchmal auch nur um Peanuts. Die Botschaft ist dennoch fatal, wenn das Staatsorchester der Pausenfüller ist.