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Freunde und Feinde der engagierten Lehrer

Von Hans Pechar

Gastkommentare

Bildung ist eines der konfliktreichsten Politikfelder, bei dem die Fronten ungewöhnlich scharf verlaufen und eine Annäherung auf der Basis von Argumenten fast aussichtslos erscheint. Aber der "Club 2" über das "Feindbild Lehrer: Sind sie nur mehr Prügelknaben?" war überwiegend von Konsens geprägt. Einigkeit gab es nicht nur über die Notwendigkeit eines grundlegenden Wandels, sondern auch über dessen Richtung.


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Wie das? War es selektive Einladungspolitik des ORF, der die honetten Vertreter des Status quo nicht zu Wort kommen lässt? Nein, aus der bildungspolitischen Beton-Fraktion hat die Einladung niemand angenommen. So blieben die engagierten Lehrer und ihre Freunde unter sich, denn ihre Feinde fühlten sich einer öffentlichen Auseinandersetzung nicht gewachsen. Sollen sie reden, werden sie gedacht haben, die Macht haben ohnehin wir. Beton - ein guter Werkstoff, wie Fritz Neugebauer zu scherzen pflegt - braucht keine Argumente, er behauptet sich durch Beständigkeit.

Die Diskussion drehte sich somit nicht um die gängigen Jeremiaden der Lehrergewerkschafter und ihren vorbeugenden Kampf gegen ein neues Dienstrecht, sondern um strukturelle Mängel des österreichischen Schulsystems. Breiten Raum nahm in dieser Diskussion die Gesamtschule ein. Zwar sind Kinder aus dem bildungsfernen Milieu der Ballungszentren die primären Opfer schulischer Apartheid. Aber auch engagierte Lehrer leiden unter diesem gleichheitswidrigen System. Die Spaltung in "höhere" Lehrer für Gymnasien und "niedere" für Pflichtschulen ist abträglich für eine professionelle Entwicklung. Und wer aus professioneller Überzeugung alle Schüler ohne Ansehen ihrer sozialen Herkunft fördern will, muss an einem System verzweifeln, das der Reproduktion ständischer Strukturen dient.

In diesem Zusammenhang kam dann ansatzweise doch so etwas wie eine Kontroverse auf. Der ehemaligen Bundesschulsprecherin von der VP-nahen Schülerunion ging die Parteinahme für die Gesamtschule zu weit. Ihre Einwände sind bei Gegnern einer gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen, die ihre Ablehnung nicht gut begründen können, sehr beliebt. Auch eine Gesamtschule würde nicht alle Probleme lösen. Und auch ohne diese Schulform könnte man bei der Bildung viele Verbesserungen voranbringen. Beides trifft natürlich zu. Aber warum wird das als ernst gemeinter Einwand gegen die Gesamtschule vorgebracht? Niemand glaubt, das Anlegen des Sicherheitsgurtes gewährt absolute Sicherheit. Und man wird sich auch schnell darauf einigen können, dass es neben dem Sicherheitsgurt viele andere Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit gibt. Aber wer wird daraus folgern, der Sicherheitsgurt sei überflüssig oder gar schädlich?

Hans Pechar leitet die Abteilung Hochschulforschung an der Universität Klagenfurt.