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Freundlicher Besuch, schwierige Themen

Von Thomas Seifert aus Moskau

Politik
Militärischer Pomp war bei der Kranzniederlegung angesagt.
© Thomas Seifert

Heinz Fischer in Moskau: Österreich ist zwar kein Verfechter von Sanktionen, trägt diese aber mit.


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Moskau. Es ist das siebte Zusammentreffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer im Rahmen eines Besuchsaustauschs. Putin war 2014 bei einem umstrittenen Besuch in Wien, 2011 war Fischer in Russland, 2010, 2007, 2005 und 2004 sahen sich beide Staatsoberhäupter im Rahmen bilateraler Besuche

Fischer ist aber nicht der einzige hochrangige Kontakt zwischen Putin und EU-Politikern: Hollande war im November 2015 in Moskau, es gab Arbeitsbesuche der Präsidenten von Finnland, Ungarn und Tschechien.

Salbungsvolle Reden

Bei solchen Besuchen werden Kränze niedergelegt – Fischer tut dies diesmal in Moskau am Grab des unbekannten Soldaten – und es werden salbungsvolle Reden gehalten, wie der russische Premier Dmitri Medwedew das am Mittwoch bei seinem Zusammentreffen mit Fischer im Gästehaus der Regierung tat: "Ich betone den konstruktiven und freundschaftlichen Charakter unserer Zusammenarbeit unter Achtung der beiderseitigen Interessen der Völker und Staaten."

Es werden bei derartigen diplomatischen Zusammentreffen aber auch Probleme angesprochen, große und kleine: "Die Beziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union sind weit vom idealen Status entfernt. Wir können uns an bessere Zeiten erinnern. Aber wir sollten uns um die Zukunft Gedanken machen", sagt Medwedew zu Fischer. Medwedew beklagt, dass der Außenhandel zwischen beiden Ländern abgenommen hat, "aufgrund der niedrigen Ölpreise und der gegenwärtigen Restriktionen" - eine Umschreibung der aufgrund der Ukraine-Krise gegen Russland verhängten Sanktionen.

Es geht um Geschäfte

"Wir sollen nicht beklagen, was sich ereignet hat, sondern in die Zukunft blicken", erwidert wiederum Heinz Fischer. Und bei seinen weiteren Wortmeldungen bei seinem Zusammentreffen mit Medwedew spricht Fischer von Überflugsrechten für die Austrian Airlines über Sibirien. Er bringt danach ein offenbar verpatztes Geschäft der EVN mit der Stadt Moskau, das auf Eis liegt und einen Verlust von 200-300 Millionen Euro verursacht, aufs Tapet. Und er redet über die Probleme des Papierherstellers Mondi, der beklagt, dass das Unternehmen Strom, das es selbst erzeugt, zuerst an einen Energieversorger verkaufen und dann wieder teuer zurückkaufen muss. "Wenn wir nach Wien zurückkehren und sagen können, das haben wir angesprochen, dann wäre das gut", sagt Fischer.

Denn letztlich, das wird rasch klar, geht es bei solchen Besuchen vor allem ums Geschäft.

Schließlich ist Russland der zweitgrößte Investor in Österreich, 550 österreichische Unternehmen haben Niederlassungen in Russland. Doch die Beziehungen zwischen Russland und der EU sind seit Putins Ukraine-Abenteuer auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren. Nicht zuletzt wegen der nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim von den USA und der EU verhängten Sanktionen schwächelt Russlands Wirtschaft.

Noch härter trifft das Land, das seit dem Ende der Sowjetunion nicht in der Lage war, seine Volkswirtschaft zu diversifizieren und zu modernisieren, der niedrige Ölpreis. 2015 ist daher der Außenhandel auch mit Österreich massiv eingebrochen. Nach Zahlen der Wirtschaftskammer (WKO) um 38,5 Prozent. Die Exporte sind seit 2013 um 43 Prozent gesunken, bei landwirtschaftlichen Produkten gar um 50 Prozent. Das Handelsvolumen ist im Vorjahr auf 3,4 Milliarden Euro gesunken.

Exporte "seltsamerweise gestiegen"

Die Wirtschaftssanktionen sind auch Thema bei Fischers Besuch im Kreml bei Präsident Wladimir Putin. Beim Gespräch mit Fischer merkte Putin mit einem verschmitzten Lächeln an, dass die Exporte Russlands nach Österreich seit vergangenem Jahr "seltsamerweise" gestiegen sind. Putin reagiert mit der ihm eigenen spärlichen Mimik noch vor der russischen Übersetzung auf Fischers Worte – Putin spricht schließlich Deutsch.

Moskau betreibt bei verschiedenen, eher Moskau-freundlichen Regierungen Lobbying für eine Aufhebung der Sanktionen und es gab während des Fischer-Besuchs in Moskau kurz Aufregung um ein Zitat des Bundespräsidenten, der laut Nachrichtenagentur Tass bei einem Gespräch mit dem Vorsitzenden der Staatsduma Sergej Naryschkin gesagt haben soll: "Es ist wichtig, einen Weg zu finden, diese Sanktionen aufzuheben und zu überwinden". Österreich werde eine aktive Rolle bei den entsprechenden Diskussionen in der EU führen, so Fischer laut Tass.

Betonung der Loyalität

Bei seinem Zusammentreffen mit Putin stellte Fischer aber klar, dass Österreich ein loyales EU-Mitglied sei und die Sanktionen jetzt und in Zukunft mittrage, solange, bis die im Minsker Abkommen vereinbarten Ziele zu einer friedlichen Beilegung des Ukraine-Konflikts erfüllt sind. Die russische Bevölkerung trägt die Sanktionen laut Umfragen großteils mit, zwei Drittel stimmen den Meinungsforschern zufolge Putins Politik zu. Die EU und USA sind hingegen seit der Ukraine-Krise – und der diplomatischen Antwort des Westens darauf – in Rankings nicht mehr sehr beliebt. Bei einem Empfang in der österreichischen Botschaft am Dienstagabend freute sich Botschafter Emil Brix aber darüber, dass die Popularität Österreichs in Russland weiter ungebrochen ist.

Mit Premier Dmitri Medwedew habe er auch Themen wie Menschenrechte und die Rolle der Zivilgesellschaft besprochen, berichtete Fischer dem russischen Präsidenten in dem Gespräch, das per Video in das Medienzentrum des Kremls übertragen wurde.

Dennoch: Die Beziehungen zwischen beiden Ländern waren schon einfacher. In seinem Gespräch mit Putin erzählte Fischer davon, dass Journalisten ihn im Vorfeld des Besuchs gefragt hätten, ob dies nicht ein schwieriger Besuch sei? "Nein, das wird kein schwieriger Besuch. Es gibt vielleicht schwierige Themen, aber der Besuch ist nicht schwierig, weil wir Österreicher Russland gut kennen, genauso wie Russland Österreich gut kennt", sagte Fischer.