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Freundschaft auf Halbmast

Von Arian Faal

Politik

Die USA wollen einen Atom-Deal mit dem Iran. Netanyahu wettert dagegen vor dem US-Kongress.


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Washington/Montreux. Irans Präsident Hassan Rohani und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sprechen in diesen Tagen immer wieder von "Historischen Missionen", denen sie nachgehen. Für Rohani ist es die Intention, den seit zwölf Jahren andauernden Atomstreit mit dem Westen zu lösen; für seinen Erzfeind Netanyahu ist es die Rede, die er am heutigen Dienstag vor dem US-Kongress hält, um den Westen genau vor diesem "schlechten Deal mit dem Iran" zu warnen. "Als Ministerpräsident Israels bin ich moralisch verpflichtet, meine Stimme im Angesicht dieser Gefahren zu erheben, so lange sie noch abgewendet werden können", sagte Netanyahu am Montag auf der Jahresversammlung der einflussreichen pro-israelischen US-Lobbygruppe AIPAC. Es wird damit gerechnet, dass Netanyahu die Abgeordneten und Senatoren aufrufen wird, ein Abkommen mit dem Iran zu blockieren.

Netanyahu hat sich mit seinem Besuch innen- und außenpolitischen Ärger eingehandelt. Denn zwei Drittel der Israelis sind gegen den umstrittenen US-Besuch. Zudem plagen den Politiker kurz vor den Parlamentswahlen in Israel zahlreiche politische Affären wie etwa ein Wirtschaftsbesuch in Japan, bei dem zwar die beiden Söhne Netanyahus mitflogen, aber keine Minister oder Wirtschaftsfachleute. Außerdem bereitet ihm die sogenannte "Pfandflaschenaffäre" Sorgen. First Lady Sara Netanyahu muss sich gegen immer neue Vorwürfe verteidigen, sie sei raffgierig und führe einen verschwenderischen Lebensstil. Ihr Rechtsanwalt wies Berichte zurück, die Frau des Ministerpräsidenten habe jahrelang Tausende Schekel für Flaschenpfand, die eigentlich dem Staat gehört hätten, eingesteckt.

Außenpolitisch hat Netanyahu die US-Regierung mit dem plötzlichen US-Besuch brüskiert. Präsident Barack Obama wird deswegen nicht mit ihm zusammentreffen, weil die Rede nicht mit ihm abgesprochen war und nur zwei Wochen vor den Wahlen in Israel stattfindet. Der israelische Premier war im Alleingang von den oppositionellen Republikanern eingeladen worden.

Schelte und Rückhaltfür Israel

Während die USA auf den Netanyahu-Besuch blickten, verteidigte US-Außenminister John Kerry Israel am Montag gegen eine seiner Einschätzung nach überzogene Kritik im UN-Menschenrechtsrat. Dennoch hatte Kerry zuvor keinen Hehl daraus gemacht, was er vom Netanyahu-Besuch halte und verwies auf die falschen Einschätzungen des Premiers beim Irak-Krieg.

Doch die Verwicklungen zwischen Israel und den USA sind nicht der einzige Punkt, der sich wie ein Schatten, der sich auf die Atom-Verhandlungen wirft. Der Zwist zwischen Moskau und Washington wegen der Ukraine, der auch bei einem Gespräch zwischen den beiden Chefdiplomaten Sergej Lawrow und John Kerry am Rande des UN-Menschenrechtsrates in Genf deutlich wurde, tangiert die Iran-Gespräche massiv. Genauso wie die Ambitionen Riads in der Region - Stichwort Kerrys geplanter Versöhnungsbesuch in Saudi-Arabien -, der Kampf gegen die Terrororganisation IS und das Streben Teherans um regionale Vorherrschaft.

Um den Atomstreit dreht sich am heutigen Dienstag auch alles in Genf, Montreux und Wien. Schon am Montag trat hierzu der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) zu Beratungen in Wien zusammen. Bei dem Treffen der 35 Mitgliedsländer kritisierte IAEO-Chef Yukiya Amano, dass die Islamische Republik nach wie vor bei zwei von fünf Punkten, die die Atombehörde im Mai 2014 mit dem Iran vereinbart hatte, die volle Zusammenarbeit verweigere. Die IAEO vermisst einen Informationsaustausch über eine angebliche Durchführung von Experimenten mit Hochexplosiv-Stoffen und über Modellrechnungen für Atomexplosionen.

Bereits im August hätte Teheran eine Antwort geben sollen. Parallel zum IAEO-Rat in Wien tagen im Schweizer Montreux ab Dienstag der Westen und der Iran, um die Differenzen im Konflikt bis Ende März zu überbrücken.Zuvor hatte man sich in Genf schon ausgetauscht.

Die Zeit wird aber immer knapper. Nach mehreren geplatzten Fristen soll es bis Ende März eine grundsätzliche Einigung geben, bis 30. Juni eine endgültige Lösung. Sowohl die USA als auch der Iran haben signalisiert, keine weitere Verlängerung der Gespräche anzustreben.