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Regierung reagiert auf US-Druck. | Taliban setzen Gespräche mit Islamabad aus. | Neu Delhi. Nach wochenlangem Zögern hat Pakistan eine Militäroffensive gegen Taliban-Kämpfer in einem abgeschiedenen Bergtal an der afghanischen Grenze gestartet. Paramilitärische Truppen marschierten in Lower Dir, einem Distrikt im Nordwesten des Landes, ein, wo bislang die Taliban herrschten. Von hier stammt auch Taliban-Führer Maulana Mohammed Sufi, der den umstrittenen Friedens-Deal zwischen Regierung und den Taliban im Swat-Tal geschlossen hat. Lower Dir grenzt an das Tal.
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Die Intervention erfolgte, nachdem US-Außenministerin Hillary Clinton die Situation in Pakistan als "tödlich" für die globale Sicherheit bezeichnet und ihre Besorgnis darüber geäußert hatte, dass Pakistans Atomwaffen in die Hände der Extremisten fallen könnten. Daraufhin sah sich der medienscheue Armeechef Pakistans, Asfaq Kayani, offenbar genötigt, die Nerven zu beruhigen. "Man werde den Militanten nicht erlauben, Amok zu laufen", erklärte er und versicherte, dass die Armee die Ordnung wiederherstellen werde. Pakistans Präsident Asif Ali Zardari versicherte am Montag, das Nuklearwaffen-Arsenal sei sicher.
Wochenlang hatten die religiösen Hardliner die Regierung nach Kräften provoziert und eine internationale Schockwelle ausgelöst. Taliban-Kämpfer hatten den Friedens-Deal gebrochen und waren auch in umliegenden Gebieten des Swat-Tales einmarschiert. Der Taliban-Sprecher in dem Tal, Muslim Khan, hieß sogar Al-Kaida-Chef Osama bin Laden herzlich willkommen. Das Gebiet liegt nur rund 100 Kilometer von Islamabad entfernt.
In Lower Dir sind nach Angaben des Militärs bei der Operation bislang mindestens 40 militante Kämpfer getötet worden. Die Armee soll die Kontrolle übernommen haben. Hunderte Menschen flohen aus der Region. Die Taliban im Swat-Tal stellten daraufhin Gespräche mit der Regierung ein und forderten ein Ende der Militäraktion. Damit ist der Deal zwischen den Militanten und der Regierung praktisch aufgekündigt.
Das im Februar zwischen Regierung und Taliban geschlossene Abkommen war von Beginn an auf große Skepsis gestoßen. Die Extremisten verpflichteten sich darin zum Niederlegen der Waffen, im Gegenzug wurde die Sharia, das islamische Recht, im Swat eingeführt. Kritiker monierten, der Vertrag würde allein den Taliban nützen, die das Swat-Tal als strategisches Sprungbrett nutzen würden, um ihren Einfluss auf andere Teile Pakistans auszudehnen. Die Eroberung von Nachbarbezirken durch die schwarze Turban-Brigade, wie die Swat-Taliban spöttisch genannt werden, schien die Befürchtungen zu bestätigen, dass die Taliban nie ernsthaft Frieden für die Bevölkerung im Swat schaffen wollten. "Wollen die Taliban eigentlich fremde Mächte zu einer Invasion Pakistans einladen?", fragte die Zeitung "Dawn" bereits besorgt.
Pakistans Militär hat sich in der Vergangenheit stets schwergetan, die Extremisten im Land zu bekämpfen. Fast 90 Prozent der Streitkräfte sind an der Grenze zu Indien konzentriert. Meist werden Operationen gegen Militante im Grenzgebiet zu Afghanistan den paramilitärische Truppen überlassen. Die USA haben allerdings neuerdings Militärhilfen und andere Unterstützung an konkrete Erfolge im Anti-Terror-Kampf geknüpft.