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Berlin - Wenn George W. Bush morgen, Mittwoch nach | Berlin kommt, wird er nicht mit offenen Armen empfangen werden. Ein breites Spektrum von Grünen-Politikern bis zu Linksautonomen will anlässlich der Visite gegen die Politik des US-Präsidenten auf die Straße gehen. Der Berliner Senat fürchtet, dass sich unter die friedlichen Demonstranten auch gewaltbereite Anhänger aus der linksautonomen Szene mischen werden. Neben Beratungen mit der Regierung ist am Donnerstag auch eine Rede im Bundestag vorgesehen.
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Das Koordinierungsgremium "Achse des Friedens" hat zu Aktionen in Berlin und anderen Städten aufgerufen, die unter dem Motto "Wir wollen ihre Kriege nicht, Herr Präsident" stehen. Den Auftakt macht eine Großdemonstration in der Hauptstadt am Nachmittag des 21. Mai: Mehrere zehntausend Menschen werden zu dem Protestmarsch über den Boulevard Unter den Linden zum Alexanderplatz erwartet. Am darauffolgenden Tag, wenn Bush bereits in Berlin weilt, soll es in der Hauptstadt und anderen Orten der Bundesrepublik ein "Bush-Trommeln" geben. "Wir leisten Widerstand, damit der so genannte 'Krieg gegen den Terrorismus' beendet wird", heißt es in einem Aufruf der Friedensachse.
Die Proteste sind vielfältig: "Der Texaner kommt in die Stadt", heißt es in dem Aufruf der "Cowboys gegen den Krieg", die am 23. Mai gegen Bush protestieren wollen. Mit Sorge betrachtet die Polizei jene Aufrufe, in denen angekündigt wird, es werde für das "Unwohl des Gastes" gesorgt. Doch auch wenn es bei den zahlreichen Aktionen Randale geben könnte, stellt Innensentor Erhart Körting (SPD) klar, dass Bush selbst nicht gefährdet sei. Es gebe keine Hinweise auf mögliche Anschläge.
Wegen des Schutzes des Staatsgastes und den erwarteten Ausschreitungen dürfte sich Berlin für die Tage des Bush-Besuchs in eine Polizeifestung verwandeln. "Wir stehen vor einem der größten Einsätze in der Geschichte der Stadt", verkündet ein Sprecher der Behörde. Es würden deutlich mehr Beamte bereit stehen als bei den diesjährigen Krawallen vom 1. Mai. Damals schoben 7500 Polizisten Dienst in der Hauptstadt, darunter viel Verstärkung aus anderen Bundesländern.
Der Berliner Senat hat nicht nur wegen der Sicherheitslage seine liebe Not mit den Protesten gegen Bush. Die Demos haben auch innerhalb der rot-roten Landesregierung für Irritationen gesorgt, weil sich der PDS-Landesverband zu den Unterstützern der "Achse des Friedens" gesellt hat. Sogleich befürchtete die SPD, dem hohen Staatsgast könnte auch durch die Landesregierung ein unfreundlicher Empfang bereitet werden. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sah sich sogar genötigt, die PDS-Senatoren öffentlich zum Verzicht auf eine Beteiligung an den Demos zu ermahnen.
Während nunmehr Wirtschaftsenator Gregor Gysi (PDS) - offiziell aus Termingründen - nicht mitdemonstrieren will, werden Parlamentarier der Grünen mit von der Partie sein. Die Bundestagsabgeordnete Annelie Buntenbach unterstützt die Achse des Friedens, und der Parlamentarier Christian Ströbele will sich ebenfalls an den Protesten beteiligen. Dabei hatten Berichten zufolge Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und die Spitze der Grünen-Fraktion die Parteifreunde ermahnt, sich bei den Protesten zurückzuhalten. Der Berliner Landesverband der Grünen beharrt jedoch auf einer Teilnahme an den Protesten - auch wenn er bisher offen gelassen hat, in welcher Form dies geschehen soll.