Pekings Handelsvolumen mit Afrika beträgt inzwischen 200 Milliarden Dollar.
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Peking. Sie kommen als Freunde. Mit viel Geld im Gepäck. Mit Milliarden für neue Straßen, neue Krankenhäuser, neue Flughäfen. Sie erlassen Schulden und schließen Deals mit Diktatoren ab. Sie fragen nicht nach Regierungsführung, nicht nach Menschenrechten, schon gar nicht nach Korruptionsbekämpfung, wie das der Westen zumindest auf dem Papier tut. Innere Angelegenheiten eines Landes nennen es die Chinesen, da mischen sie sich nicht ein. Es ist der Kern ihrer Politik. Sie setzen lieber auf Big Business.
In Afrika mit seinen 40 Prozent der weltweiten Rohstoffreserven, mit den 60 Prozent des noch unkultivierten Agrarlandes, einer Milliarde Einwohner mit steigender Kaufkraft und einer regelrechten Armee von Billigarbeitern sind die chinesischen Geschäfte besonders groß - und immer wieder bedroht. Denn die Konflikte sind da. Ein allein auf die wirtschaftliche Tätigkeit ausgerichtetes Engagement, das haben die Chinesen auf dem schwarzen Kontinent bereits mehrfach spüren müssen, lässt sich nicht so verwirklichen, wie dies die Reden der Politiker - nahezu jede Woche tourt mindestens eine chinesische Delegation durch die afrikanischen Länder - nahelegen.
So muss sich China auch jetzt wieder mit unliebsamen politischen Bedingungen in Afrika herumschlagen, muss sich unfreiwillig mit dem Machtkampf an der südsudanesischen Staatsspitze samt einer politisierten Armee und vielfältigen ethnischen Identitäten befassen.
In Äthiopien, im Hauptquartier der Afrikanischen Union in Addis Abeba - von den Chinesen für 200 Millionen US-Dollar gebaut -, geben sie fast gezwungenermaßen den Schlichter. Die Sicherheit der weitverzweigten und lukrativen Ölvorkommen im Südsudan sieht Peking bedroht. Das umkämpfte Land ist binnen weniger Jahre zum zweitgrößten Öllieferanten Afrikas für Peking geworden - nach Angola, das ein Drittel des chinesischen Erdölbedarfs deckt und mehr Öl ins Reich der Mitte exportiert als Saudi-Arabien. Chinas Außenminister Wang Yi, ein selbsternannter "Freund des Südsudan", reist in dieser Woche durch Äthiopien, Dschibuti, den Sudan und Senegal und fordert ein "sofortiges Ende des blutigen Konflikts". So deutlich äußern sich die Chinesen selten.
Seit aber die Kämpfe Anfang Dezember ausgebrochen sind und der Südsudan am Rande eines Bürgerkrieges steht, sind die Öllieferungen aus Afrika nach China, so erklärte Wang, um ein Fünftel eingebrochen. Peking sieht Handlungsbedarf. 14 Landsleute hat China bereits aus dem Südsudan evakuiert, hat ein Flüchtlingslager für 10.000 Menschen errichten lassen und Militärärzte ins Land geschickt. 350 chinesische "Friedensbringer" seien im Einsatz, schreibt die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua.
Mehr als 200 Firmen ließen sich in Afrika nieder
Peking betrachtet Afrika nicht als kränklichen Patienten, der auf den Empfang von Wohltätigkeit ausgelegt ist, sondern als wunderbaren Investitionsstandort. Seit dem ersten Forum für chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit im Jahr 2000 hegt und pflegt China den Kontinent. Mit 49 afrikanischen Staaten haben die Chinesen diplomatische Beziehungen. Mehr als 200 chinesische Unternehmen haben sich in den vergangenen Jahren in den Ländern niedergelassen, mehr als eine Million chinesischer Staatsbürger lebt in Afrika. In manchen Städten sind die Straßenschilder mittlerweile auch auf Chinesisch. Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua unterhält 28 Büros auf dem Kontinent. Der Staatssender CCTV sendet aus Nairobi, bald rund um die Uhr, Konfuzius-Institute entstehen.
Das Handelsvolumen hat sich verzwanzigfacht und betrug im Jahr 2012 rund 200 Milliarden Dollar. China ist der größte Financier Afrikas. 32 afrikanischen Staaten hat die Regierung in Peking die Schulden erlassen, etwa elf Milliarden US-Dollar.
China kommt als Häuserbauer, als Kreditgeber und vor allem als Rohstoffkäufer. Denn Chinas enormes Wachstum lechzt geradezu nach Ressourcen. Es kauft Kupfer in Sambia, Mangan in Gabun, Holz im Kongo, Eisenerz in Tansania. Streiks afrikanischer Minen-Arbeiter schießen die Chinesen auch schon einmal mit Pistolen nieder. Kritik an seinem neokolonialen Stil überhört Peking gern. Der "gefräßige Drache" arrangiert sich wirtschaftlich mit dem "einfältigen Strauß", wie der senegalesische Schriftsteller Adama Gaye Afrika bezeichnet.
Nach dem Bürgerkrieg in Angola gab es chinesische Kredite - mit der Auflage, Großaufträge an chinesische Unternehmen zu vergeben. Simbabwes Diktator Robert Mugabe bekam von den Chinesen 2005 den Titel des Ehrenprofessors verliehen, 2008 schickte Peking ein Schiff voller Waffen und Munition nach Simbabwe. Den Sudan stattete die Volksrepublik mit Typ-96-Panzern und Mehrfachraketen WS-2 aus, sträubte sich dann, zusammen mit Russland, im Darfur-Konflikt mehrfach gegen eine UN-Resolution. Sudans Präsidenten Omar al-Bashir, einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher, lud die Regierung in Peking trotz empörter Stimmen aus dem Westen nach China ein. Durch die Teilung des Sudan hat Khartum die Öl-Erlöse zum großen Teil eingebüßt, weil die Vorkommen zu 80 Prozent im Südsudan liegen. Also schaut Peking nun nach Juba. Seine Afrika-Politik war schon immer auf Pragmatismus aufgebaut.