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Frische Luft im Vatikan

Von Mathias Ziegler

Leitartikel
Mathias Ziegler ist stellvertretender Chef vom Dienst.
© WZ

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Als Jorge Mario Bergoglio vor fünf Jahren zum Papst gewählt wurde, ging ein merkbarer Ruck durch die katholische Basis: Endlich ein nicht-europäischer Papst, womöglich genau der Reformer, den die Kirche so dringend braucht. Das dachten viele in einer Zeit fortschreitender Kirchenaustritte und Missbrauchsskandale.

Und jetzt, fünf Jahre später? Nun, das Image der Kirche nach außen hat Papst Franziskus jedenfalls verbessert. Dazu trägt sein offener Umgang mit Missbrauchs- und anderen Skandalen bei und dass er klare bis drastische Worte zu heiß diskutierten Themen findet. Nicht nur in Österreich ist die Zahl der Kirchenaustritte rückläufig. (Was es über eine Glaubensgemeinschaft aussagt, wenn sie sich über diese Kennzahl definiert, steht auf einem anderen Blatt.)

Auch innerkirchlich herrscht eine gewisse Aufbruchstimmung. Nicht zuletzt, weil immer wieder offenbar wird, dass der Papst auch auf die unteren Etagen hört und bei seinen Aufräumarbeiten und Reformen nicht die Konfrontation mit der alten Garde in der Kurie scheut, aus der ihm sogar Begriffe wie "Ketzerei" an den Kopf geworfen werden. Insofern bleibt Franziskus seiner Enzyklika "Evangelii Gaudium" ("Freude des Evangeliums") aus dem Jahr 2013 treu, in der er schrieb, ihm sei "eine ‚verbeulte‘ Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist", lieber als eine, "die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist".

Bei strukturellen Reformen, die dann auch an der Basis spürbar wären, ticken die Uhren im Vatikan freilich langsamer, als es manchen Gläubigen lieb ist. Die Frage des Priestertums ist so ein heißes Eisen: Wie kann man dem Priestermangel entgegenwirken? (Gibt es überhaupt einen? Manche meinen: Nein, weil ja auch die Zahl der Gläubigen sinkt.) Sollen verheiratete Männer als sogenannte Viri Probati (bewährte Männer) zu vollwertigen Priestern geweiht werden? Im Gegensatz zu Diakonen dürften sie dann auch die Eucharistie leiten. Kann es irgendwann, wenn schon nicht Priesterinnen, dann wenigstens Diakoninnen geben?

Zumindest bei den Viri Probati tut sich etwas: Just in Franziskus’ Heimatregion Lateinamerika gibt es dazu Vorschläge, die der Papst nun prüft. Zugleich gibt es in Europa Ideen für "Priester mit Zivilberuf" im ländlichen Raum, sprich: nebenberufliche Geistliche, die im Hauptjob etwas ganz anderes machen. Wichtig dabei ist: Vir Probatus müsste tatsächlich ein bezahlter Beruf sein und nicht bloß ein Hobby als "besserer" Diakon. Denn viele Diakone wären zwar gern vollwertige Priester, sie möchten aber, wenn sie schon einen Gutteil ihrer Freizeit für den Gottesdienst opfern, auch davon leben können.