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Frischer Wind im Plenarsaal

Von Katharina Schmidt

Politik

Schüler einhellig für Erziehungslager, aber "ohne Gewalt". | Appell an Politiker: Interessen Junger auch ernst nehmen. | Wien. Eine Novelle zum Jugendstrafrecht hat am Freitag das Parlament passiert. Unter anderem werden jugendliche Straftäter in Zukunft zehn Einheiten Anti-Aggressionstraining absolvieren müssen. Außerdem werden junge Gewalttäter - sofern das Gericht von einer Rückfallgefahr ausgeht - für mindestens vier Wochen in ein Erziehungslager, abgeschottet von der Außenwelt, eingewiesen. Eine dementsprechende Regierungsvorlage wurde mit den Stimmen der Weißen, Türkisen, Gelben und Violetten angenommen.


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Klingt ungewohnt? Ist es auch. Am Freitag hat das erste Jugendparlament im Hohen Haus stattgefunden - und zwar zum Thema Jugendstrafrecht. Rund 80 Schüler aus drei verschiedenen Tiroler Schulen haben sich daran beteiligt. Nach einer Begrüßung durch Nationalratspräsidentin Barbara Prammer wurden die Schüler in vier "Klubs" eingeteilt, die bewusst nicht den Farben der existierenden Parlamentsparteien entsprachen, wie Organisatorin Gudrun Faudon erklärt. Innerhalb der Klubs wurde dann eine - zumindest vom Layout her - realitätsnahe Regierungsvorlage debattiert, bevor es in die Ausschussberatung und später ins Plenum zur Abstimmung ging.

Ziel der Aktion ist es laut Faudon, die Jugendlichen der neunten und zehnten Schulstufen in Sachen Demokratie zu sensibilisieren. "Man darf jetzt zwar schon mit 16 Jahren wählen, aber die meisten Schüler haben keine Ahnung von Politik", sagt sie zur "Wiener Zeitung". Vor rund einem Jahr wurde in der Parlamentsdirektion eine eigene Arbeitsgruppe gegründet, die unter anderem die Schulen für das Jugendparlament ausgesucht hat. Dabei wurde auch auf die Vielfalt der Schultypen geachtet.

So diskutierten - unter der Anleitung von Mitarbeitern der Parlamentsdirektion und der Klubs - Gymnasiasten, Schüler eines Polytechnikums und Kindergartenschüler über den fiktiven Gesetzesentwurf.

Psychologen wichtig

Uneinigkeit herrschte dabei in Sachen Erziehungslager: Die Gelben waren überzeugt davon, dass ein Erziehungslager besser sei als Haft, "weil man dann noch eine Chance auf Bildung hat". Allerdings wollten sie den Gesetzesentwurf so präzisieren, dass es in den Lagern "keine Gewalt geben darf, denn dadurch entsteht wieder Gewalt". Auch sprachen sich die Gelben für Schulpsychologen aus, und dafür, dass "man den Tätern das Gefühl geben muss, wichtig zu sein".

Schwierigkeiten mit den zehn Einheiten Anti-Aggressionstraining hatten die Weißen. Sie forderten eine langfristige psychologische Betreuung der Betroffenen.

Gegen das "Wegsperren" sprachen sich die Violetten aus, konnten im Ausschuss aber von den Gelben überzeugt werden. Die Sitzung fand übrigens im U-Ausschuss-geprüften Budgetsaal statt - von Schreiduellen wurde in diesem Fall allerdings abgesehen.

Überhaupt diskutierten die Schüler ernsthaft und ergebnisorientiert - obwohl sich einige überhaupt nicht für Politik interessieren. "Ich habe mir nicht vorgestellt, dass es so super wird", meint etwa eine 14-jährige Schülerin des Polytechnikums. Die Klubchefin der Gelben, ebenfalls 14 Jahre alt, zeigt sich selbstbewusst: "Für die Politiker ist es sicher auch toll, einmal auf unsere Wünsche einzugehen", erklärt die angehende Kindergärtnerin.

"Wähler von morgen"

Den Politikern rät sie, besser auf die Kinder zu hören, "denn wir sind ja die Wähler von morgen". Das würden die Politiker zwar versuchen, sagt ein 15-jähriger Gymnasiast. Allerdings sei es "ihnen dann doch oft zu unwichtig".

Das sieht auch seine Schulkameradin, die Klub-obfrau der Weißen, so. "Sie vergolden in Innsbruck Lampen für die Europameisterschaft, aber für Freizeitangebote gibts kein Geld" , wettert die 16-Jährige. Als eine der wenigen in der Runde darf und wird sie bei der Tiroler Landtagswahl am 8. Juni bereits ihre Stimme abgeben. "Wenn man das Recht dazu hat, dann soll man die Möglichkeit nutzen, seine Zukunft selbst zu gestalten."

Selbst gestalten, wenn auch nur fiktiv, dürfen im Herbst dann Vorarlberger Schüler. Denn die Aktion wird nun halbjährlich wiederholt, eingeladen sind immer Schulen aus jenem Bundesland, das gerade den Vorsitz im Bundesrat innehat. "Damit die Schüler sehen, dass es zwei Kammern gibt", sagt Faudon.

www.reininsparlament.at