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Eine Milliarde Umsatz mit 70.000 Mitarbeitern. | Schuldenstand muss rasch abgebaut werden. | Droege-Group übernimmt Mehrheit. | Wien. Am Mittwoch voriger Woche, gerade rechtzeitig vor den Osterfeiertagen, war der Deal vertraglich fixiert: Richard Trenkwalder, der zu Europas führenden Personaldienstleistern zählt, wird die Mehrheit an seiner im niederösterreichischen Schwadorf beheimateten Unternehmensgruppe an einen deutschen Investor abgeben. Der 62-jährige Ehrendoktor und Fußball-Sponsor, der nicht weniger als 70.000 Mitarbeiter beschäftigt und eine Milliarde Euro Umsatz schafft, hat sich für die Düsseldorfer Droege Capital GmbH entschieden.
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Deren Geschäftsführer Frank Tanski sieht das Österreich-Engagement der in Familienbesitz befindlichen Droege International Group als "langfristiges Investment in einem dynamischen Markt".
Der Einstieg der Deutschen, der noch vom positiven Ausgang der Due Dilligence und der Genehmigung durch die Kartellbehörden abhängt, markiert eine deutliche Zäsur in einer ungewöhnlichen Firmenstory: Trenkwalder, ein gebürtiger Steirer und gelernter Maschinenbauer, hatte sich 1985 als Einzelunternehmer mit einem technischen Büro selbständig gemacht.
Drei Jahre später erhielt er - wie das so schön heißt - die Lizenz zur Arbeitnehmerüberlassung und peilte in der Folge das Ziel an, rot-weiß-roter Pionier für Zeitarbeit zu werden.
Ab 1992 baute er sein Unternehmen konsequent im benachbarten Ausland aus - zunächst in der Slowakei, Ungarn und Deutschland - und fiel rasch durch seine stürmische Expansionsstrategie auf.
Speziell seit 2000, als Trenkwalder alle österreichischen Mitbewerber überflügelt hatte und Marktleader geworden war, ging es Schlag auf Schlag: Jedes Jahr wurde zumindest ein weiterer Auslandsmarkt erschlossen.
2004 beschäftigte er bereits 22.600 Leute, die ihm einen Nettoumsatz von 300 Millionen Euro brachten. 2007 setzte er sich gleich in fünf neuen Ländern fest - Bulgarien, Türkei, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien - und weitete den Mitarbeiterstand auf 60.000 Menschen bzw. den Umsatz auf 910 Millionen Euro aus. Damals kürte ihn Ernst & Young zum "Entrepreneur of the Year".
Seit der Krise aufPartnersuche
Auf das Rekordjahr 2008, als Trenkwalder umsatzmäßig erstmals die Milliarde knackte, folgte allerdings ein krisenbedingter herber Rückschlag, der auch in der Bilanz unschöne Spuren hinterließ.
Das 20-prozentige Umsatzminus - viele seiner Kunden hatten sich als Erstes reflexartig vom Leihpersonal getrennt - war jedenfalls ein deutliches Signal, dass eine neue Eigenkapitalquelle erforderlich wäre. Nachdem ein Börsegang nicht in Frage kam, begann die Suche nach einem Finanzinvestor.
Auch wenn es 2010 wieder aufwärts ging - allein der Österreich-Umsatz stieg von 165 auf 233 Millionen Euro -, mussten etliche Hausaufgaben erledigt werden: Zum einen wurde der Vorstand, in dem der patriarchalische Boss stets für permanente Fluktuation gesorgt hatte, mehrmals verstärkt. Zum andern wurde mit den Hausbanken ein umfassendes Finanzierungspaket vereinbart, um die Liquidität zu gewährleisten.
Schließlich wurden Berater ins Haus geholt, um die erforderliche Restrukturierung anzugehen und Ordnung in das rudelartige Firmenimperium (siehe Kasten) zu bringen.
Immerhin ist die Trenkwalder-Gruppe heute an nicht weniger als 450 Standorten in 20 Ländern Zentral- und Osteuropas sowie in der Schwarzmeer-Region tätig.
Die recht zähe, mühsame Partnersuche wurde letztlich in der Osterwoche erfolgreich abgeschlossen: Die deutsche Droege-Gruppe, die als Beratungs- und Investmenthaus sowie als Industrieholding agiert, beabsichtigt die Mehrheit an der Trenkwalder International AG zu erwerben. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt.
Mittelfristig ist einBörsengang geplant
Für Trenkwalder können damit "die Voraussetzungen für weiteres Wachstum in Ost- und Südosteuropa schneller erreicht werden". Das frische Kapital soll den Wunschtraum des gebürtigen Steirers, der schon jetzt Marktleader in Ungarn oder der Slowakei, aber etwa in Polen erst die Nummer sieben ist, realisieren helfen: die größte Leiharbeitsfirma in Mittel- und Osteuropa zu werden.
Der Investor, der Trenkwalders Lebenswerk finanziell absichern und fortsetzen möchte, sieht sich als Spezialist für Wertsteigerungen im Unternehmen durch Wachstum, Restrukturierung und Effizienzverbesserung.
Walter P. J. Droege, der die Beratungsgesellschaft 1988 in Düsseldorf gegründet hatte, konnte sie mittlerweile mit 23 Büros zwischen New York, Shanghai, Moskau und Bahrein international positionieren. Während Droege in Deutschland zu den Top-Consultern zählt, ist die Wiener Repräsentanz in jüngster Zeit allerdings nicht besonders aufgefallen.
Die Gruppe übernimmt keine Sanierungsfälle, sondern steigt beispielsweise bei mittelständischen Unternehmen mit Entwicklungspotenzial oder Familienbetrieben ohne Nachfolger sowie Firmen im Zuge von Konzernabspaltungen ein. Zu ihrem Portfolio gehören u.a. der IT-Distributor Also-Actebis Holding, Euwind, ein Spezialist für erneuerbare Energien, der deutsche Home Care-Dienstleister Servona oder die holländische Pharmafirma Hal Allergy.
Inklusive Beteiligungen beschäftigt Droege 3000 Menschen, der Gruppenumsatz beläuft sich auf 3,9 Milliarden Euro. Die Neuerwerbung in Österreich soll mittelfristig an der Wiener oder Frankfurter Börse platziert werden.
Der deutsche Ratgeber-Guru sieht in Trenkwalder "einen wichtigen strategischen Partner für Konzerne und Mittelstand", der über "ein ausgeprägtes Sozialprofil" verfüge.
Der weißhaarige Kommerzialrat tritt wohl angesichts der Erkenntnis, dass seine Branche nicht das allerbeste Image genießt, gerne als spendabler Wohltäter auf: Er unterstützt soziale Projekte wie ein Kinderhospiz, stattet Schulen mit Sportgeräten aus und hilft der Unicef in Katastrophengebieten bei der Ausbildung von Kindern.
Überdies ist Trenkwalder "offizieller Job-Partner" von vier deutschen Fußball-Verbänden, deren Mitglieder auch via Facebook regelmäßig über berufliche Chancen bzw. offene Stellen informiert werden. Und er sponserte bereits etliche Kickerklubs, darunter TSV 1860 München, der SV Bad Aussee oder der SK Schwadorf.
Am liebsten fungiert der Personalverleiher als großzügiger Präsident beim FC Trenkwalder Admira, wo Sohn Nils, 33, für die Finanzen zuständig ist. Der zweite Junior, Christopher, 37, mischt hingegen im Management des Familienbetriebs mit, der demnächst unter deutscher Flagge segeln wird.