Österreichs Regierung und Gewerkschaften pochen auf Übergangsfristen. | Schwarzarbeit kostete im Vorjahr 22 Milliarden Euro. | Wien. So einig sind sich Regierung, Gewerkschaftsbund und die meisten Oppositionsparteien selten: In Österreich müssen die Übergangsfristen für Arbeitende aus den neuen EU-Staaten aufrecht bleiben. Lediglich die Grünen zweifeln den Sinn der Beschränkungen an.
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"Die Übergangsfrist wird um weitere drei Jahre verlängert", erklärte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein. Er begründete dies mit steigender Arbeitslosigkeit in Österreich, dem hohen Anteil an ausländischen Arbeitskräften und der geografischen Nähe Österreichs zu den neuen EU-Mitgliedsstaaten.
Auf letzteres verweist auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl: Auf Grund des immer noch sehr starken Gefälles bei den Lohn- und Sozialniveaus sei eine vorzeitige Öffnung des Arbeitsmarktes nicht zu verantworten. Dessen Folge wären nämlich "starke Pendlerströme", warnt die Arbeiterkammer.
Während die Industriellenvereinigung und zahlreiche Wirtschaftstreibende für das Auslaufen der Übergangsfristen plädieren, spricht sich Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl dagegen aus. Stattdessen sollten durch bilaterale Beschäftigungsabkommen Kontingente für jene Bereiche geschaffen werden, wo es Arbeitskräftemangel gibt - etwa im Tourismus und Teilen der Industrie.
Legal wohnhaft
Doch trotz aller Versuche lassen sich Arbeitsmärkte nicht völlig abschotten. Denn leben dürfen die Menschen aus den neuen Mitgliedsstaaten überall in der EU. Und wenn sie nicht legal angestellt werden dürfen, werden etliche von ihnen schwarz beschäftigt. Darauf weist die EU-Kommission ebenso hin wie der Europäische Gewerkschaftsbund, der sich - im Gegensatz zum österreichischen - erstmals für eine Öffnung der Arbeitsmärkte ausspricht. Übergangsfristen fördern die Schwarzarbeit, bestätigt Friedrich Schneider von der Linzer Johannes Kepler-Universität. "Es ist attraktiv, Leute schwarz zu beschäftigen", sagt der Volkswirt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Wenn die Regelung fallen würde, wäre wiederum der Anreiz höher, legal zu beschäftigen.
Nach Schneiders Berechnungen wird die Schattenwirtschaft in Österreich heuer ein Volumen von 21 Milliarden Euro erreichen - eine Milliarde weniger als im Vorjahr. Der Experte führt den Rückgang auf die Einführung des Dienstleistungschecks zurück. Den größten Anteil an der Schattenwirtschaft - rund 39 Prozent - machen allerdings Baugewerbe und Handwerksbetrieb aus.
Wie sich die Schwarzarbeit ohne Übergangsfristen verringern würde, lässt sich laut Schneider kaum schätzen. Doch eines ist fix: Mit den Fristen bleibt der Arbeitsmarkt segmentiert - und der Anreiz zur illegalen Beschäftigung hoch.