Zum Hauptinhalt springen

Fritz geht - die Wähler bleiben

Von Matthias Nagl

Politik

Nach Rückzug Dinkhausers buhlen zahlreiche Listen um die Tiroler Wähler.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Innsbruck. Noch bevor der Wahlkampf für die Tiroler Landtagswahlen im Frühjahr so richtig begonnen hat, hat er am Dienstag eine entscheidende Wendung genommen: Fritz Dinkhauser, Namensgeber und Chef der größten Oppositionspartei im Landtag, der Liste Fritz, kündigte an, bei den Landtagswahlen nicht mehr zu kandidieren.

Der 72-Jährige erklärte, sein Gesundheitszustand erlaube keinen nervenaufreibenden Wahlkampf mehr und verordnete der Liste eine Nachdenkpause. Vor einem Jahr hatte sich Dinkhauser einer Operation an den Herzkranzgefäßen unterziehen müssen. Der Klubobmann seiner Liste, Bernhard Ernst, war im Dezember überraschend verstorben. Ob die Liste bei den Landtagswahlen antritt, ist völlig offen, nachdem auch ein weiterer Abgeordneter ankündigte, auf eine Kandidatur zu verzichten. Ohne ihren Namensgeber wird sie aber wohl chancenlos sein.

Bei den Wahlen 2008 kam Dinkhauser mit Frontal-Opposition gegen die mit absoluter Mehrheit regierende ÖVP aus dem Stand auf 18 Prozent und Platz zwei. Dabei war er den Großteil seines politischen Lebens selbst in der ÖVP engagiert, erst für die letzten seiner fast 50 Jahre in der Politik verließ er die Partei.

1964 begann er als Landessekretär der JVP seine Karriere, seine Bekanntheit erarbeitete er sich als Präsident der Tiroler Arbeiterkammer von 1991 bis 2008. In dieser Zeit gelang es ihm auch, den ÖAAB innerhalb der ÖVP zum Herausforderer des in Tirol traditionell dominierenden Bauernbundes zu machen.

Das gelang ihm mit markigen Sprüchen wie "Aussa aus die Staudn" und der richtigen Themensetzung. So trat er gegen die bäuerlichen Agrargemeinschaften auf und forderte von diesen die Rückgabe von ehemaligen Gemeindegründen. Durch den Erfolg in Tirol beflügelt, trat er 2008 bei den Nationalratswahlen an, scheiterte aber klar.

Gewählt wird Ende April

Ende 2009 kam es zum Bruch mit Dinkhausers Mitstreiter, dem Transitgegner Fritz Gurgiser, der seither mit einer eigenen Liste im Landtag sitzt. Gurgiser wird bei den Wahlen wieder antreten, am Freitag wird er unter dem Namen "Gurgiser & Team" seine neue Partei vorstellen. Die soll mit ausschließlich berufstätigen Kandidaten und ohne Berufspolitiker einen neuen Politik-Stil verkörpern. Den Rückzug von Dinkhauser will Gurgiser nicht kommentieren. Nur so viel: "Dass damals die Hälfte der Stimmen von mir gekommen ist, haben die meisten schon wieder vergessen", sagt er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Dass ein Nichtantreten Dinkhausers die Chancen Gurgisers erhöht, liegt auf der Hand. Zuletzt waren beide Bewegungen in Umfragen abgerutscht, in einer Umfrage der "Tiroler Tageszeitung" vom Oktober lag Dinkhausers Liste bei acht Prozent, Gurgisers nur bei drei. "Die Chancen Gurgisers steigen, sie würden aber stärker steigen, gäbe es Vorwärts Tirol nicht", sagt der Politologe Reinhard Gärtner von der Universität Innsbruck.

Vorwärts Tirol mit den Ex-Regierungsmitgliedern Hans Lindenberger (SPÖ) und Anna Hosp (ÖVP) sowie der Unterstützung von Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer von der bürgerlichen Liste "Für Innsbruck" ist der jüngste Neuzugang in der unübersichtlichen Tiroler Parteienlandschaft. Gärtner gibt dieser Liste Chancen auf Platz zwei, da sie Protestpotenzial von ÖVP und SPÖ absaugen und mit der in Innsbruck beliebten Oppitz-Plörer in der Landeshauptstadt punkten könne.

Doch auch die ÖVP, der eigentlich Verluste prognostiziert wurden, könnte vom Dinkhauser-Rückzug profitieren. "Es werden vermutlich einige Wähler zur ÖVP zurückkehren", glaubt Gärtner. Der Tiroler Landeshauptmann und ÖVP-Chef Günther Platter kommentierte den Rückzug seines Kontrahenten zurückhaltend, während FPÖ und Grüne noch am Dienstag Angebote an die Dinkhauser-Wähler bei der Hand hatten.

Das derartig umfangreiche Parteienspektrum ist ein Tiroler Spezifikum und erklärt sich aus der langjährigen Allmacht der Tiroler ÖVP vor allem auf Gemeindeebene. "Dort ist der Listenreichtum schon lange vorhanden. Es ist ein Nachziehen auf der Landesebene", erklärt Gärtner. "Ursprünglich war das eine gute Taktik der ÖVP, unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen und dann gekoppelt zu entscheiden." Bei den Wahlen könnte sich das als Nachteil erweisen. Der Landtag wird sich kommende Woche vorzeitig auflösen, gewählt wird wahrscheinlich am 28. April.