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Und jetzt haben es sogar die Vorarlberger getan, also jenes Bundesland, das für sich immer eine Extraportion Nüchternheit und Sachlichkeit reklamiert hat. Zuvor hatte die steirische Gemeinde Michaelerberg-Pruggern als erste in Österreich den Schritt gesetzt, Traiskirchen und Innsbruck machten es schnell nach; und mit einiger Sicherheit kann davon ausgegangen werden, dass der Nationalrat bei nächster Gelegenheit folgen wird. Immerhin sind mit Ausnahme der FPÖ alle Parteien dafür.
Die Rede ist vom Klimanotstand, der derzeit reihum ausgerufen wird. Seit 2016 in Australien der Anfang gemacht wurde, hat eine immer länger werdende Liste an Städten und sonstigen Gebietskörperschaften den Klimanotstand ausgerufen. Und diese Liste wird mit Sicherheit noch sehr viel länger werden. Symbolische Handlungen, und die Ausrufung des Klimanotstands ist eine solche rein symbolische Aktion, sind in Zeiten, in denen bloßes Reden längst als ebenso wichtig, wenn nicht noch wichtiger als tatsächliches Handeln betrachtet wird, zum Hauptbetätigungsfeld von Politik geworden.
Handfeste Konsequenzen hat die Ausrufung des Klimanotstands keine. Entsprechend muss das marketinggetriebene Wording um so kantiger ausfallen. Deshalb die Rede von einem Notstand.
Es ist, zumal von gewählten und verantwortlichen Politikern, einigermaßen frivol, einen Notstand auszurufen und dann keine entsprechenden Handlungen zu setzen. Dabei handelt es sich nämlich um einen rechtlich genormten Begriff für Gemeinschaften in Extremsituationen, um mit Krieg, Naturkatastrophen, einem technischen Super-GAU und Ähnlichem zurande zu kommen. In Österreich hat in solchen Fällen der Bundespräsident besondere Befugnisse.
Diese Sonderkompetenzen sind jedoch bewusst klein gehalten, weil die Geschichte gezeigt hat, dass Sonderrechte immer auch missbrauchsanfällig sind. Das Dollfuß/
Schuschnigg-Regime stützte sich beim Sturz der Demokratie 1933/34 auf die Notverordnungsgesetze von 1917. Nicht zuletzt deshalb verlief 2015 eine Debatte über die Neufassung des Notstandsrechts vor dem Hintergrund islamistischer Anschläge im Sand. Auch dieses damalige Nicht-Handeln kann man als symbolische Politik verstehen, die bestehende Risiken nicht aufbauschen und Unsicherheit nicht noch weiter verstärken wollte.
Vier Jahre später geht es nun in die andere Richtung, wenngleich noch nicht zur Gänze: Die Politik will das Unwohlsein, das immer mehr Menschen bei der Klimaschutzpolitik spüren, für sich nutzen. Dass die Politik aber entschlossen handelt, so weit ist es noch nicht. Somit fordert die Politik sich selbst durch Symbolismus zu Taten auf. Das ist frivol.