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Frohbotschaft der Gesundheitsstatistik

Von Ernest G. Pichlbauer

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Dr. Ernest G. Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheitsökonom und Publizist.

Erstmals seit zwei Jahrzehnten soll die Zahl der spitalsversorgten Patienten im Vorjahr rückläufig gewesen sein.


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Der Rückgang der Spitalspatienten um 0,2 Prozent oder 5000 Fälle ist zwar sehr, sehr gering, aber manche hoffen trotzdem, darin eine Trendwende erkennen zu können.

Nun, abgesehen davon, dass simples Zählen wenig aussagt - ist die Zahl der Patienten gesamt, also unabhängig, ob bei niedergelassenen Ärzten oder im Spital versorgt, vielleicht rückläufig und so der Anteil der Spitalspatienten gleich geblieben? Sind die Zahlen mit den Vorjahren vergleichbar, haben doch immerhin sehr viele Spitäler virtuell fusioniert, um K.o.-Kriterien (Fallzahlen!) zu umgehen und damit die komplizierten und sehr fragilen Patientenzählmethoden irritiert? Gehen mehr Patienten in Privatspitäler, die bei dieser Rechnung nicht mitgezählt werden? Wie viele Abteilungen und Spitäler wurden zur Konjunkturbelebung 2009 umgebaut und konnten daher nicht im Vollbetrieb arbeiten? Und so weiter .. .

Es gab bereits 2005 einen Rückgang. Damals sank die Zahl sogar etwas mehr und es gab echten Anlass, an eine Trendwende zu glauben; wurde doch der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG), der dem explosionsartigen Wachstum der Spitalspatienten seit Einführung des leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierungs (LKF)-Systems 1997 Einhalt gebieten sollte, beschlossen. Aber die damalige Beobachtung erwies sich als nicht nachhaltig. Im Gegenteil, 2006 sprangen die Zahlen wieder nach oben.

Betrachtet man den Zeitverlauf seit 1996, sieht man auch 2000 zwar keinen echten Rückgang aber eine "Wachstumsdämpfung"; von der nicht wirklich bekannt ist, warum sie stattfand. Und warum die Zahl 2001 wieder raufschnellte, ist ebenfalls unerforscht.

Wenn jetzt die Zahl wieder einmal "sinkt", dann ist das wohl nur eines jener unerklärlichen Phänomene, die mit Regional-, Landtags- oder sonstigen Wahlen oder Änderungen in der Finanzierung oder in Vertragsabschlüssen zwischen Ärztekammern und Krankenkassen oder Grippeepidemien oder Warnungen vor Menschenansammlungen wegen der Grippe oder sonst irgend etwas zusammenhängt. Vielleicht ist es diesmal auch die Finanzkrise oder aber auch das Wetter am 28. August, wer weiß?

Wirklich belegen kann man nichts, nicht nur, weil es niemanden wirklich interessiert, sondern auch weil das Spitalswesen nicht einheitlich ist.

Während in Oberösterreich die Aufnahmen auch 2009 steigen, sinken sie in Kärnten schon seit 2004 kontinuierlich. Bezogen auf die Wohnbevölkerung zählen wir in Oberösterreich 30 Aufnahmen pro 100 Einwohner, Kärnten liegt mit 26 im Österreichschnitt, in Wien sind es 24, und die Steiermark, weil sie für die onkologische Versorgung einen speziellen Deal mit der Krankenkasse hat, kommt gar mit 23 aus.

Außerdem sollte man nicht vergessen, dass die Zahl der Spitalspatienten nicht unendlich vergrößerbar sein kann. Früher oder später muss sich auch in Österreich die Spitalshäufigkeit irgendeinem Wert annähern, der nicht überschritten werden kann. Wenn wir bedenken, dass die Deutschen mit 21, die Schweizer mit 15, die Niederländer mit nur etwa 11 Aufnahmen pro 100 Einwohner auskommen, liegen wir mit unseren 26 ohnehin jenseits von Gut und Böse. Wohin soll denn diese Zahl noch wachsen?

Die Hoffnung auf eine Trendwende ist noch verfrüht. Aber dass diese gesehen wird, zeigt auch, dass die Hoffnung auf eine wirkliche Gesundheitsreform noch nicht tot ist.

Dr. Ernest G. Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheits ökonom und Publizist.