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Fromme Wünsche an den Partner

Von Brigitte Pechar und Walter Hämmerle

Politik

Berger beharrt im "WZ"-Interview auf Änderungen beim Fremdenrecht. | Prostituierte sollen nicht weiter kriminalisiert werden. | Keine Änderung bei Gerichtsebenen. | "Wiener Zeitung": In der SPÖ werden die Stimmen, auch Ihre, immer lauter, die Änderungen beim Fremdenrecht fordern. Was konkret soll hier geändert werden?


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Maria Berger: Die Probleme liegen auf der Hand, ohne dass - wie Innenminister Platter dies befürchtet - das ganze Paket aufgeschnürt werden muss. Bei binationalen Ehen soll die Antragstellung auf ein Aufenthaltsrecht auch im Inland möglich werden; Familien, die schon lange in Österreich sind, sollen ein Bleiberecht erhalten und Änderungen braucht es auch bei der Schubhaft.

Allerdings ist hier die Position der ÖVP relativ klar: Sie will den Rückstand an Asylfällen aufarbeiten, einen Asylgerichtshof einführen und ansonsten alles beim Alten belassen.

Das stimmt, deshalb erachte ich es als meine Aufgabe, hier Überzeugungsarbeit beim Koalitionspartner zu leisten. Außerdem ist im Regierungsübereinkommen eine Evaluierung des Fremdenrechts vorgesehen. Und wenn man feststellt, dass sich manche Bestimmungen doch zu hart auswirken, muss man diese eben ändern.

Hat Ihnen die ÖVP bereits signalisiert, dass Sie das auch so sieht?

Nicht wirklich.

Bis wann soll die Evaluierung des Fremdenpakets abgeschlossen sein?

Um beginnen zu können, bedarf es der Kooperationsbereitschaft des Innenministeriums - und da muss noch ein Weg gefunden werden.

Wann soll der Asylgerichtshof seine Arbeit aufnehmen?

Zuerst muss geklärt werden, ob das ein eigener Asylgerichtshof wird oder aber ein Bundesverwaltungsgericht, wo Asylbelange einen Teil der Zuständigkeiten ausmachen. Letztlich wird das allein aber nicht ausreichen, um den Rückstau bei den offenen Asylanträgen aufzuholen. Hier braucht man einfach mehr Personal.

Deutschland hat 2002 die Sittenwidrigkeit von Prostitution abgeschafft. Diese Forderung hört man auch von den SPÖ-Frauen immer wieder, jüngst hat sich sogar auch die Wiener ÖVP für dieses Thema stark gemacht.

Arbeitsstaatssekretärin Christina Marek und ich werden hier demnächst eine interministerielle Arbeitsgruppe einsetzen. Dabei ist auch die Aufhebung der Einstufung von Prostitution als sittenwidrig ein Thema. Ich kann nicht verlangen, dass diese Frauen Steuern bezahlen und gleichzeitig den Vorwurf der Sittenwidrigkeit erheben. Ich halte das deswegen für wichtig, weil ich überzeugt bin, dass Prostitution in den meisten Fällen nicht freiwillig stattfindet, sondern in der Kombination mit Frauen- und manchmal leider auch Kinderhandel auftritt. Je mehr man sie hier in die Illegalität abdrängt, desto schwerer kommen diese Personen wieder aus diesem Kreislauf von Menschenhandel heraus. Mit einem solchen Schritt wäre sichergestellt, dass sich die Frauen nicht weiter selbst kriminalisieren.

Schweden schlägt eine andere Richtung ein, indem es die Freier unter Strafe stellt.

Ich halte das schwedische Modell für zu weitgehend. Niemand denkt in Österreich daran, Prostitution per se zu verbieten, sofern sie freiwillig und ohne Gewalt stattfindet. Klar ist aber auch, dass dort, wo es sich beispielsweise um Minderjährige handelt, man die Freier nicht aus ihrer Verantwortung entlassen kann.

Im Rahmen der Hauptverfahrensreform soll es auch Änderungen bei der Laiengerichtsbarkeit geben.

Vorgesehen ist hier eine bessere Information der Geschworenen, mehr Zusammenarbeit mit und eine stärkere Rolle des Berufsrichters sowie die Einbindung der Laien in die Gesamtverantwortung. Aber das ist ein Projekt für die zweite Hälfte der Legislaturperiode.

Warum wird die Laiengerichtsbarkeit nicht gleich abgeschafft. Immerhin gibt es immer wieder massive Kritik an Geschworenenurteilen.

Der Auftrag im Regierungsübereinkommen lautet zu reformieren, nicht abzuschaffen. Wenn eine sinnvolle Reform möglich ist, bin ich dafür durchaus zu haben.

Seit Jahren wird im Rahmen einer Verfassungsreform die Verringerung der derzeit insgesamt fünf auf nur mehr vier Gerichtsebenen diskutiert. Welche soll wegfallen?

Gar keine. Diese Debatte ist auch kein Thema mehr. Die Gerichtszusammenlegungen waren eine ideologisch bedingte Debatte der Vorgängerregierung, wo es um Sparen um jeden Preis gegangen ist.

In Österreichs Gefängnissen herrscht eklatanter Platzmangel. Ihre Antwort darauf lautet: Mehr Entlassungen. Warum nicht einfach mehr Gefängnisse bauen?

Wir haben ein Gesamtpaket. Davon ist die Verringerung von Insassen durch eine Reform der bedingten Entlassung, durch gemeinnützige Arbeit als Ersatz für kurzfristige Freiheitsstrafen sowie Hausarrest durch elektronische Überwachung nur ein Teil. Hinzu kommt die Möglichkeit der Entlassung von Drittstaatsangehörigen nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe bei sofortiger Ausreise und anschließendem Aufenthaltsverbot. Und daneben gibt es eben auch 350 zusätzliche neue Haftplätze für Jugendliche und Frauen im neuen Haftzentrum in Wien.

Richter sehen bei diesen Drittstaatsangehörigen eine Benachteiligung von Inländern.

Nein, weil es bei Inländern die Möglichkeit der bedingten Entlassung gibt.

Das Ausreiseangebot kann der Häftling selbst annehmen, die bedingte Entlassung muss von anderen bewilligt werden.

Ja , das stimmt, aber dennoch geht es letztlich darum, die Benachteiligung auszugleichen, die darin besteht, dass ausländische Häftlinge nach dem geltenden Recht eine viel geringere Chance auf bedingte Entlassung haben.

Ist dieses Abschieben ins Ausland nicht ein Abwälzen von Problemen auf die Nachbarstaaten?

Wir streben an, dass das Aufenthaltsverbot für den ganzen Schengenraum Gültigkeit hat.