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Front National übt sich in Verschwörungstheorien

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Politik

In der zweiten Runde der französischen Regionalwahlen konnte die Front National wieder keinen Sieg erringen - obwohl sie Stimmen dazugewann.


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Paris. Die Formulierung des rechtsextremen Abgeordneten Gilbert Collard trifft es auf den Punkt: Die Front National hat bei den französischen Regionalwahlen eine "siegreiche Niederlage" erlebt. Der Zorn war nach der Wahl am Sonntag deutlich hörbar.

Nachdem die Front National (FN) in der zweiten Runde der französischen Regionalwahlen leer ausging, obwohl sich die FN nach der ersten noch als stärkste Kraft positioniert hatte, fallen die verbalen Schläge gegen das "System", das sie ausbremste, härter aus denn je. Parteichefin Marine Le Pen sprach von einer Verleumdungskampagne, die "in den vergoldeten Palästen der Republik" vorbereitet worden sei. Die Wahl enthülle die "geheimen Verbindungen" zwischen jenen, die die Macht unter sich aufteilen, erklärte die 47-jährige Rechtspopulistin in verschwörerischem Ton. Nur vermeintlich gebe es in Frankreich ein Drei-Parteien-System, in Wahrheit handle es sich um zwei Blöcke: die Front National gegen den Rest. Dieser hatte nach der ersten Runde am 6. Dezember in sechs von 13 Regionen an der Spitze gelegen mit Vorsprüngen von bis zu 15 Prozentpunkten.

Doch in ihren beiden stärksten Bastionen, dem Nord-Pas-de-Calais-Picardie mit Marine Le Pen als Listenführerin und Provence-Alpes-Côte d`Azur mit ihrer Nichte Marion Maréchal-Le Pen an der Spitze, zogen die Sozialisten ihre Kandidaten zugunsten der konservativen Bewerber zurück, auch in einer dritten Region, Elsass-Champagne-Ardenne-Lothringen, riefen die Parteienspitze zur Wahl der Konservativen auf - obwohl der regionale Kandidat sich weigerte, sich zurückzuziehen.

Auch erlaubte die isolierte Position der Front National keine Bildung von Wahlbündnissen, wie sie die Republikaner mit den Zentrumsparteien und die Sozialisten teilweise mit Grünen, Kommunisten und radikaler Linken eingingen. So unterlag Marine Le Pen im Norden mit 42,2 Prozent Ex-Arbeitsminister Xavier Bertrand -und Maréchal-Le Pen holte nur 45,2 Prozent gegen den Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi. Es gebe "Siege, die Schande über die Gewinner bringen", tönte die 26-jährige Jungpolitikerin.

Trotzdem konnte die Front National die Zahl der Regionalräte verdreifachen und in der zweiten Runde einen Gewinn um 200.000 Wählerstimmen auf 6,8 Millionen verzeichnen. Wie alle Parteien profitierte sie vom Anstieg der Beteiligung zwischen beiden Wahlgängen von 49 auf 58,5 Prozent. Sie hat das höchste Ergebnis in ihrer Geschichte erreicht und sogar jenes der Präsidentschaftswahlen 2012 übertroffen, als 6,4 Millionen für Marine Le Pen votierten. Besonders stark war sie in Gebieten, wo sie auf lokaler Ebene regiert, etwa dem nordfranzösischen Städtchen Hénin-Beaumont. "Wir haben das gesamte Mediensystem, die Großen dieser Welt, die Gutmenschen gegen uns", schimpfte dort Bürgermeister Steeve Briois. Aber: "Es gibt keine Niederlage, wir legen bei jeder Abstimmung zu."

Genau deshalb gilt das Votum den etablierten Parteien als Warnung: "Die Gefahr der extremen Rechten ist nicht gebannt", mahnte Premierminister Manuel Valls. Mit dem Sieg in fünf Regionen konnten die Sozialisten, die bisher alle Metropolregionen außer das Elsass kontrollierten, das Ausmaß der erwarteten Schlappe begrenzen. Eine Rolle spielte dabei wohl die Aufhellung der Umfragewerte für das Regierungsduo Valls/Präsident François Hollande seit den Pariser Terroranschlägen, deren entschlossenes Auftreten eine Mehrheit der Franzosen überzeugte. Knapp verloren ging den Sozialisten neben der Normandie die Hauptstadtregion, die durch ihre wirtschaftliche Stärke ein besonderes Gewicht hat.

Davon abgesehen blieben die Republikaner mit dem Gewinn von sieben Regionen hinter den Erwartungen zurück, zumal sie drei davon nur dank der Stimmen der Linken holten. Dass viele ihrer eigenen Wähler zur extremen Rechten übergewechselt sind, streitet Parteichef Nicolas Sarkozy ab. Er hatte schließlich seine Rückkehr in die Politik und seinen scharfen Rechtskurs mit dem Argument begründet, er allein könne "die Republik vor der Front National" bewahren.