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Frontalangriff auf die Prüfer

Von Peter Wötzl

Politik

Rechnungshof wird immer häufiger zum Reibebaum. | Länder wehren sich gegen das "Schuldner-Image". | Wien. Er ist eine Institution mit langer Geschichte. Der österreichische Rechnungshof (RH) begeht im kommenden Jahr sein 250-Jahr-Jubiläum. Aufgabe, Funktion und Organisation sind in der Verfassung fest verankert. Immer wieder werden die obersten Prüfer aber auch gerne zum Reibebaum, etwa wenn Prüfungsergebnisse unterschiedlich interpretiert werden oder überhaupt nicht "ins Konzept passen". | Wer prüft eigentlich den Rechnungshof


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In jüngster Zeit wurden vor allem aus Niederösterreich immer wieder spitze Pfeile in Richtung Rechnungshof und dessen Präsidenten Josef Moser abgefeuert. Aber auch die SPÖ-Wien goutierte nicht alles, was so von den unabhängigen Prüfern festgeschrieben wurde.

Aktueller Anlassfall für Kritik: der vom Rechnungshof vorgelegte Bundesrechnungsabschluss. Darin wurde eine deutliche Schuldensteigerung bei den Bundesländern festgestellt, viel deutlicher als beim Bund. So seien die Bundesschulden in den letzten Jahren um 31 Prozent gestiegen, bei den Ländern um 123 Prozent.

Scharf zurückgewiesen wurde die Darstellung von Niederösterreichs Landeshauptmannstellvertreter und Vorsitzenden der Finanzreferentenkonferenz aller Länder, Wolfgang Sobotka (ÖVP). Er sprach bei einer Pressekonferenz am Freitag von einem tendenziösen Bericht. Denn: Die Ausgangslage sei völlig unterschiedlich, der Bund habe ja 16 Mal höhere Schulden, hieß es weiters.

"Moser soll in FPÖ-Klub zurückkehren"

Sobotka verwies darauf, dass der Bund bei einem Budget von 69,5 Milliarden Euro 165,4 Milliarden Schulden habe, die Länder bei einem Gesamtbudget von 28,6 Milliarden hingegen 10,5 Milliarden Schulden aufweisen. 90 Prozent der Schulden lägen beim Bund, zehn Prozent bei den Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern. Dieses Verhältnis lasse sich auch "durch eine polemische Darstellung nicht verzerren", wetterte Sobotka. Er startete in diesem Zusammenhang auch einen Frontalangriff auf Rechnungshofpräsident Josef Moser. Wenn Moser Parteipolitik machen wolle, solle er wieder als Klubsekretär in den FPÖ-Klub zurückkehren, ließ Sobotka aus dem Palais Niederösterreich in der Wiener Herrengasse ausrichten.

Moser stand bei Niederösterreichs Schwarzen schon mehrmals im Polit-Visier. Auch ein Bericht über die umstrittene Veranlagung von Niederösterreichischen Wohnbaugelder stieß sauer auf. Damals wurde schnoddrig reagiert, der Bericht werde nicht einmal zur Kenntnis genommen, hieß es. ÖVP-Landesparteisekretär Gerhard Karner stellte überhaupt die Frage in den Raum: "Wer prüft eigentlich die Prüfer?"

Doch nicht nur von ÖVP-Seite häufen sich die Attacken. Auch die SPÖ fährt manchmal die Krallen scharf aus. Der Rechnungshof übte heuer heftige Kritik am Finanzgebaren rund um den derzeit entstehenden neuen Wiener Hauptbahnhof. "Ich bedauere es, dass - je näher der Wahltermin rückt - die Rechnungshofberichte zunehmend so gestaltet sind, dass man sich wundert. Von Kostenüberschreitungen zu reden, wo noch nicht einmal ein Steinchen bewegt worden ist, halte ich für verwegen", so Wiens Bürgermeister Michael Häupl im Mai vor Journalisten.

Und wie geht der Rechnungshof mit Kritik an der Kritik um? Präsident Josef Moser, der 2004 unter Schwarz-Blau ins Amt berufen wurde und gerade "Halbzeit" feiert, bleibt meist "gelassen" und argumentiert sachlich. So bezeichnete er den vorgelegten Bundesrechnungabschluss am Freitag "als ausgewogen". Und zu den persönlichen Untergriffen? "Dazu kein Kommentar", so Moser und verabschiedete sich ins Wochenende.

Wissen: Der RechnungshofDer Rechnungshof ist ein Organ des Nationalrates und der Landtage. Ihm obliegt die Überprüfung der Finanzgebarung des Bundes und der Länder sowie von Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern. Auch Stiftungen, Fonds und Körperschaften, an denen die öffentliche Hand zu mindestens 50 Prozent beteiligt ist, hat er zu überprüfen.

Der erste Vorläufer, die allgemeine Schatzkammer, wurde bereits 1496 von Maximilian I. eingerichtet. 1761 schuf Maria Theresia eine Hofrechnungskammer, die 1867 der Oberste Rechnungshof wurde.

Jährlich werden rund 100 Prüfungen durchgeführt, derzeit gibt es etwa 300 Mitarbeiter. Der Rechnungshofpräsident wird auf 12 Jahre bestellt.