Den schnellen Großkatzen wurde das Aussterben prophezeit. | Kaum Nachwuchs in Gefangenschaft. | Berlin. Untersuchen Forscher das Erbgut verschiedener Geparde, finden sie wenige Unterschiede. Seit Jahrzehnten steht daher in den Lehrbüchern, dass diese Art sich schlecht fortpflanzen sollte, mit der Zeit sollte sie sogar aussterben.
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Tatsächlich stellt sich bei den Großkatzen in vielen Zoos selten Nachwuchs ein. Als Bettina Wachter, Robert Hermes und ihre Kollegen vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Namibia frei lebende Tiere untersuchten, konnten sie die Lehrbuchweisheit widerlegen. Die Geparden bekommen dort gut Nachwuchs und 80 Prozent ihrer Jungen werden erwachsen, berichten die Forscher im Fachjournal "Conservation Letters".
Weil man mit Betäubungspfeilen bei den scheuen und schnellen Geparden keine Chance hat, schauten sich die Forscher bei den Farmern ab, wie man ein lebendes Tier erwischt: An bestimmten Markierungsbäumen kratzen immer wieder Geparde oder hinterlassen mit Urin und Kot chemische Botschaften. Die Forscher zäunten einen Baum großräumig mit einem undurchdringlichen Akaziengebüsch ein. Nur durch eine Lücke kamen die Tiere noch zu ihrem Markierungsbaum. Genau hier steht eine Lebendfalle.
Die so gefangenen Tiere untersuchten die Forscher mit einem hochauflösenden Ultraschallgerät. Alle 13 Geparden-Weibchen im fortpflanzungsfähigen Alter waren entweder trächtig, führten Jungtiere, waren empfängnisbereit oder wären es bald gewesen.
Ganz anders stand es mit Geparden, die in großen Gehegen auf Farmen leben, sich dort aber nicht fortpflanzen dürfen. Bereits bei vier Jahre alten Weibchen zeigte die Untersuchung Veränderungen an den inneren Geschlechtsorganen, kaum eines der Tiere war empfängnisbereit.
Da sich bei lang anhaltenden Stress-Situationen die Nebennieren vergrößern, in denen Stresshormone produziert werden, verglichen die Forscher auch diese Organe. Unterschiede fanden sich kaum, das Stress-Niveau scheint also in Freiheit und Gefangenschaft ähnlich zu sein.
Damit waren die Lehrbücher widerlegt, denn frei lebende Geparde vermehren sich im Farmland Namibias hervorragend. "Das hatten wir auch erwartet, weil dort die größte Geparden-Population der Welt lebt", erklärt Wachter.
Problem Enthaltsamkeit
Die Probleme in der Gefangenschaft liegen an der erzwungenen Enthaltsamkeit. In der Natur sind Geparden-Weibchen, sobald sie fortpflanzungsfähig sind, rasch trächtig. Steht der Nachwuchs auf eigenen Beinen, paart sich ein Weibchen rasch wieder. Verhindert der Mensch den Nachwuchs oder wartet er zulange mit der Zucht, reifen in erwachsenen Weibchen laufend neue Eizellen - so lange, bis der Vorrat aufgebraucht ist. Durch die Veränderung der inneren Geschlechtsorgane werden die Weibchen schon in mittleren Jahren unfruchtbar.
Bleibt die Frage, weshalb 80 Prozent der geworfenen Jungtiere in Namibia auch erwachsen werden, während diese Quote in der Serengeti Tansanias anders ausfällt. Dort erwischen Löwen und Hyänen 70 Prozent des Nachwuchses vor der Geschlechtsreife. Außerhalb der Nationalparks aber wurden die Löwen und Hyänen in Namibia weitgehend ausgerottet, weil sie als "Viehdiebe" gelten. Dort können Geparden-Weibchen ihren Nachwuchs also viel ungestörter als in der Serengeti aufziehen.