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+++ Betroffene Lehrerin spricht über Gewalt an Wiener Schulen. | Wien. "Alles, was über die Schulen in Deutschland berichtet wird, trifft auch auf Wiener Schulen zu." Für eine Lehrerin im 1. Bezirk ist Wien keine "Insel der Seligen", wie es Stadtschulratspräsidentin Susanne Brand-steidl vergangene Woche formuliert hat. Die Pädagogin möchte unerkannt bleiben, denn "ich will meine Schule nicht in Misskredit bringen. Was sich bei uns abspielt, ist das Spiegelbild vieler Wiener Schulen."
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Sie ortet einen Anstieg der Gewaltbereitschaft unter den Schülern: "Früher gab es fast gar keine Schlägereien - heute herrscht das Faustrecht." Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" berichtet sie von zahlreichen Übergriffen. So sei eine Schülerin zusammengeschlagen worden und habe sich dann nicht mehr in die Schule getraut. Im vergangenen Jahr seien Kinder vor der Schule mit Kampfhunden und Messern aufeinander losgegangen.
"Mein Kind soll lebend nach Hause kommen"
Sie habe sich daraufhin an den Stadtschulrat gewandt, mit der Bitte, Taschenkontrollen zuzulassen. "Dort ist man dagegen, denn man will keinen Überwachungsstaat. Das möchte ich ja auch nicht, aber mein Kind soll lebend von der Schule zurückkommen", meint die Mutter eines 13-Jährigen. Seit 30 Jahren unterrichtet sie an derselben Schule und "es wird von Jahr zu Jahr schwieriger, einigermaßen geordnete Verhältnisse aufrecht zu erhalten". Wenn sie ihre Schüler um mehr Disziplin bittet, dann erhält sie zur Antwort: "Wir sind eh schon so brav, in unserer früheren Schule haben wir die Lehrer gehaut."
Für die Erziehung müssten die Eltern in die Pflicht genommen werden: "Die meisten wissen nicht, wie es in der Schule zugeht." Probleme gebe es vor allem mit Migranten-Kindern, da der Kontakt zu den Eltern durch die Sprachbarriere oft unmöglich sei. Dass Gewaltbereitschaft aber an einem hohen Ausländeranteil in den Klassen liegt, wie es im Fall der Berliner Rütli-Schule vermutet wird, glaubt die Lehrerin nicht. So hätten türkische Kinder mehr Respekt vor Älteren, "wenn auch nicht vor Frauen, manchmal müssen wir einen männlichen Kollegen zur Unterstützung holen".
Schlechtes Deutsch und kaum Zukunft
Schülern mit nicht-deutscher Muttersprache fehle oft die Zukunfts-Perspektive, denn "selbst dann, wenn sie in Wien geboren sind, sprechen sie oft so schlecht Deutsch, dass sie dem Unterricht nicht folgen können", erklärt die Lehrerin. Auch für Muttersprachler stünden die Chancen nicht gut. "Wie sollen sie einen Beruf ausüben, wenn sie kommen und gehen, wann sie wollen und sofort aggressiv werden, wenn ihnen etwas nicht passt?"