Sprachförderung braucht bessere Ausbildung der Lehrer.
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Wien. Unterrichtsministerin Claudia Schmied präsentierte am Montag den Nationalen Bildungsbericht 2012, an dem rund 30 Wissenschafter gearbeitet haben. Dieses Werk erscheint nach 2009 zum zweiten Mal und soll Grundlage für eine daten- und faktenbasierte Politik sein. Die Schwächen des österreichischen Bildungssystems sind unverändert: Wir geben im internationalen Vergleich sehr viel für Bildung aus, die Ergebnisse sind aber nur mittelmäßig.
Ein zentrales Manko ist die Vererbbarkeit von Bildung: "Bildung wird vererbt, das gilt verstärkt bei Kindern mit Migrationshintergrund", sagte Schmied. Und der Bericht zeigt, dass es immer mehr Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache gibt. Diese "Chancenungleichheit" soll durch eine Ergänzung bei den Bildungsstandards verbessert werden: Erfüllen die Schüler ein bestimmtes Minimum nicht, sollen sie spezielle Förderungen erhalten. Die Wissenschafter verlangen auch mehr finanzielle Mittel für Schulen mit schwierigen Ausgangsbedingungen.
Probleme in Ballungszentren
Deutlich zeige die Vollerhebung durch die Bildungsstandards "dass wir in den Ballungszentren Probleme haben", sagte die Unterrichtsministerin. Auch die Wissenschafter stellen fest: "Der Outcome des österreichischen Schulsystems im Bereich Lesen entspricht nicht den Erwartungen an eine Kultur- und moderne Wirtschaftsnation." Als Lösung hierfür schlagen die Wissenschafter eine "Professionalisierung der Lehrerschaft" vor. Denn um Kinder früh fördern zu können, müssten die Leseschwierigkeiten auch früh erkannt werden, sagte Alfred Schabmann, der für das Kapitel Lesekompetenz mitverantwortlich zeichnet. Außerdem müsse möglichst früh mit der Sprachförderung begonnen und sie dürfe nicht zu früh beendet werden.
Bis März sollen Experten ein Konzept ausarbeiten, wie sprachliche Entwicklung am besten gefördert werden kann - Rücksicht sei dabei zu nehmen auf die Unterschiede zwischen Stadt und Land, auf das Alter der Kinder und mehr, sagte Schmied.
Das verpflichtende Kindergartenjahr und die Förderung an den Schulen sei richtig gewesen, die Anstrengungen müssten aber verstärkt werden. Ziel sei, dass alle Kinder spätestens mit zehn Jahren die Bildungssprache Deutsch beherrschen. Klar seien bereits jetzt folgende Forderungen:
Der Kindergarten soll zu einem Bildungsgarten werden;
bei Schuleinschreibungen muss genau hingeschaut werden, wie es um die Kompetenzen steht;
die derzeit befristete Deutschförderung in der Volksschule muss unbefristet sein;
die Aus- und Weiterbildung der Lehrer muss verbessert werden; es muss Schwerpunktsetzungen für Quereinsteiger geben und ganztägige Schulformen müssen ausgebaut werden.
Sprachförderung kein Thema für Wahlkampf
Ganz sicher ist für Schmied aber, dass das Thema Sprachförderung und mehrsprachige Kinder aus dem Wahlkampf herausgehalten werden muss. Es dürfe keine Abwertungskultur geben, "die dieses Land im vergangenen Jahrhundert schon einmal erlebt hat. Daher: Wehret den Anfängen." Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz, der das Thema Sprachförderung in jüngster Zeit sehr forciert hat, will Schmied zu ihren Verbündeten zählen: "Es sollte zwischen uns kein Blatt passen, und schon gar nicht eines, das ein Papier der FPÖ ist."
Damit die Sprachförderung nicht zu einem Wahlkampfthema werde, müsse die Förderung noch vorher umgesetzt werden, sagte Kurz. Er fordert etwa ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr beziehungsweise Vorschule für Kinder mit Sprachdefiziten und Deutschintensivkurse für ältere Quereinsteiger mit Sprachproblemen. Der grüne Bildungssprecher Harald Walser verwies allerdings darauf, dass "Selektion und Crashkurse keine geeigneten Mittel" seien. Am besten wäre eine laufende Unterstützung in ganztägigen Schulen.