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Frühjahrsgipfel als Bewährungsprobe

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EU-Länder wollen keine Energiekompetenzen abtreten. | Vermerk zu Dienstleistungen macht Probleme. | Brüssel. Der EU-Frühjahrsgipfel für mehr Wachstum und Beschäftigung wird für Österreich zur Bewährungsprobe. Denn das Vorsitzland will die EU-Staats- und Regierungschefs auf möglichst viele quantifizierbare Ziele einschwören. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel will eine gemeinsame europäische Strategie für eine sichere, günstige und saubere europäische Energieversorgung anstoßen. Er hat vor, die EU-Spitzen zu verpflichten, bis 2010 zwei Millionen Arbeitsplätze pro Jahr zu schaffen. Und "ein politisches Bekenntnis" zu der vom Europäischen Parlament abgeschwächten Dienstleistungsrichtlinie ist geplant.


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Doch der Widerstand gegen Schüssels Pläne war im Vorfeld groß. Zahlreiche Länder sträuben sich gegen die Flut an neuen zahlenmäßigen Zielen und allein die Erwähnung der umstrittenen Dienstleistungsrichtlinie birgt Sprengstoff. Zu allem Überdruss plane der italienische Finanzminister Giulio Tremonti eine Diskussion über den aufkeimenden Protektionismus vom Zaun zu brechen, schreibt die "Financial Times". Großbritannien und die Niederlande wollten sich anschließen. Dänemark, Irland und Schweden überlegten. Das würde vor allem böses Blut bei Frankreich und Spanien verursachen, die gerade versuchen, nationale Energiekonzerne gegen Übernahmen aus dem EU-Ausland zu verhindern.

Kopfschütteln über Zahlenziele

Die Beratungen über die gemeinsame Energiestrategie soll die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstagabend einleiten. Sie will sich nach Informationen aus Regierungskreisen gegen die Abgabe von Kompetenzen an Brüssel aber für eine verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten aussprechen. "Wir brauchen eine gemeinsame Energiestrategie", forderte Schüssel. Entscheidend sei dies etwa bei Verhandlungen mit internationalen Energieproduzenten, beim Bau von Pipelines und Infrastruktur sowie beim Anlegen von Energiereserven. Unbestritten ist, dass der jeweilige nationale Energiemix in der Kompetenz der EU-Länder bleibt. Kritik gab es hier von einigen Staaten an den einzigen zwei konkreten Zielen: 15 Prozent Anteil erneuerbare Energien 2015 und acht Prozent Biotreibstoffe, werden im Entwurf des Gipfelbeschlusses verlangt, der der "Wiener Zeitung" vorliegt. Dass die Arbeitslosigkeit in Europa ein zentrales Problem ist, darüber herrscht Einigkeit. Auch der Fokus auf Jugendliche, Frauen und ältere Arbeitnehmer ist unumstritten. Kopfschütteln löst bei den Diplomaten einiger Länder aber der österreichische Ansatz nach neuen Zahlenzielen aus. Neben den "mindestens zwei Millionen Jobs pro Jahr bis 2010" soll die Zahl der Schulabbrecher bis dahin auf zehn Prozent gesenkt werden und der 22-jährigen mit einer abgeschlossenen weiterführenden höheren Schulbildung bei mindestens 85 Prozent liegen. Nicht länger als 100 Tage sollte dann ein arbeitsloser Schulabgänger auf einen Job eine Weiterbildung warten müssen.

Um die ehrgeizigen Arbeitsplatzziele zu erreichen setzen die Österreicher unwidersprochen auf Klein- und Mittelbetriebe. Eine Ansprechstelle pro Land für Unternehmensgründungen ist geplant. Diese sollte bis Ende 2007 EU-weit innerhalb einer Woche möglich sein.

Ganz unverbindlich wollen es die meisten Mitgliedsländer bei der Dienstleistungsrichtlinie. Die steht zwar gar "nicht offiziell" auf der Tagesordnung, wie Schüssel bemerkte. Allein ein Vermerk, dass der für April erwartete überarbeitete Kommissionsvorschlag "weitgehend auf der ersten Lesung des Europäischen Parlaments basieren" soll, sorgte für heftige Proteste. 18 Länder hatten die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik am Montag wissen lassen, dass sie das nicht hinnehmen würden. Einem Teil der Staats- und Regierungschefs sei dieser Vorschlag zu weit gegangen, ein anderer Teil "will mehr" und "hätte das Herkunftslandprinzip gerne gehabt", erklärte Schüssel. Als Ausweg werde von den meisten kritischen Mitgliedsstaaten auf ein Positionspapier der EU-Wirtschaftsminister verwiesen, heißt es in Diplomatenkreisen. "Der Rat nimmt die Abstimmung, die im Europäischen Parlament zu dieser Frage stattgefunden hat, zur Kenntnis", heißt es dort.