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Vor 77.000 Jahren gab es in Südafrika schon weiche Betten und andere Novitäten.
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Berlin. Bereits vor 77.000 Jahren schätzten die Menschen ein bequemes Nachtlager. Jedenfalls bauten sie sich damals in der Sibudu-Höhle in der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal aus Gräsern und Blättern weiche Unterlagen, berichten Christopher Miller von der Universität Tübingen und seine Kollegen in der Zeitschrift "Science" . In diesen Urzeit-Matratzen fanden die Forscher häufig auch Blätter der in der Region wachsenden Kap-Quitte Cryptocarya woodii. Die zerkleinerten Blätter dieses Lorbeerbaumes setzen einen Chemikalien-Cocktail frei, der Insekten vertreibt. So hielten die Frühmenschen auch lästige Plagegeister ab, die gefährliche Krankheiten wie Malaria verbreiten können.
Neben diesen bisher ältesten Matratzen mit urzeitlichem Insektenrepellent registrieren die Forscher für diese Epoche eine technische Revolution in Südafrika. Damals verbesserten die Menschen dort nicht nur die Herstellung von Steinwerkzeugen, sie fertigten aus den Schalen von Seeschnecken Schmuck und nutzten anscheinend zum ersten Mal Pfeil und Bogen zur Jagd, berichtet Lyn Wadley von der University of Witwatersrand in Johannesburg, die von 1998 bis 2010 die Forschung in der Sibudu-Höhle leitete.
Waren diese Erfindungen echte Weltneuheiten, gibt es weiche Unterlagen für den Nachwuchs oder als eigenes Bett wohl schon erheblich länger. Vögel und Nagetiere bauen schließlich seit Urzeiten Nester. Auch die mit dem Menschen nah verwandten Affen machen sich jede Nacht ein Bett in den Bäumen. "Dazu verwenden sie aber Zweige und Blätter von der gleichen Baumkrone, in der sie auch ihr Schlafnest bauen", erklärt Gottfried Hohmann vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Wahrscheinlich schliefen die Steinzeitmenschen auch immer wieder im gleichen Bett, während Menschenaffen jeden Abend ein neues Schlafnest in einem anderen Baum bauen. "Ein Bonobo muss sich daher kaum Gedanken über Wanzen und andere Plagegeister machen, die sich meist erst nach einiger Zeit in der Schlafunterlage einnisten können", meint Hohmann.
Das war bei den Steinzeitmenschen schon anders, sie dachten sich aber etwas Neues aus: Vor etwa 73.000 Jahren begannen sie, ihre Matratzen immer wieder einmal abzufackeln. Diesem Feuer fielen nicht nur die lästigen Mitbewohner zum Opfer, sondern auch der Abfall, der sich im Laufe der Nächte im Bett oder beim täglichen Arbeiten auf der Unterlage angesammelt hatte. Spuren dieser Aktionen entdeckten die Tübinger und südafrikanischen Forscher jedenfalls in der Höhle. Solche absichtlichen Hygiene-Maßnahmen mit Feuer aber gehören nicht zum Repertoire von Menschenaffen, Vögeln oder Nagetieren, sondern sind typisch für uns Menschen.