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Frühpensionswelle macht nicht Halt

Von Alexandra Grass

Politik

Die Sozialexperten Christopher Prinz und Bernd Marin vom Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung sehen die Notwendigkeit der im Juli dieses Jahres beschlossenen Pensionsreform, jedoch auch weiterer Reformen, denn - die Frühpensionswelle werde trotz der Neuerungen 2000 weitergehen, wie die beiden Wissenschafter am Freitag in einer Pressekonferenz mit Verweis auf ihres Erachtens nach "missglückte" Regelungen aufzeigten.


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Der vorzeitige Gang in die Frühpension, nahegelegt aufgrund der derzeitigen Regelung, sei legitim. "Wer da nicht zugreift, hat nicht alle Tassen im Schrank", stellte Marin fest. Dabei handle es sich nicht um einen "individuellen Missbrauch", vielmehr setze der Staat Anreize, die ein solches Verhalten legalisieren. Für den Staat bedeuten die Frühpensionen Kosten von insgesamt 80 Mrd. Schilling, wie Marin im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erläuterte.

Vor allem beim Bonus-Malus-System setzt die Kritik der beiden Experten an. Hier gebe es einen negativen Anreiz in Richtung 40 Versicherungsjahre und nicht mehr. Die Abschläge seien weiter viel zu gering. Statt der jährlichen drei Prozent wären versicherungsmathematisch gesehen mindestens 6 % angemessen, wie dies auch in den meisten europäischen Staaten der Fall sei. Auch der Bonus sei mit 4% zu niedrig ausgefallen. Die Richtung sei die richtige, könne jedoch nicht greifen.

Reformbedarf bei der Invaliditätspension

Bei der Invaliditätspension, die 1993 eingeführt wurde, gebe es mittelfristig dringenden Reformbedarf. Die Neugestaltung sei, so die Wissenschafter, gänzlich misslungen, dabei im Besonderen die Verstärkung des Berufsschutzes. Der Vorschlag des Vorsitzenden der Pensionsreformkommission, Theodor Tomandl, auf Befristung sei leider gescheitert. Diese Entwicklung sei einzigartig im internationalen Vergleich, betonte Prinz. In der Schweiz etwa würde die Zumutbarkeit einer Arbeit nicht über den Tätigkeitsbericht, sondern über das Einkommen geregelt.

Gesetzliches Pensionsalter muss angehoben werden

Auch über eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters von 60 bzw. 65 Jahren werde man nicht hinwegkommen. Seit 1997 sei kein "demographischer Korrekturfaktor" zum Tragen gekommen. Der Faktor Lebenserwartung müsse berücksichtigt werden - dies wäre fair.

Marin könnte sich eine Erhöhung um ein oder zwei Monate pro Jahr vorstellen. Dies wäre ein "Prozess wie die Inflation". Eine Pensionsdauer von insgesamt 25 Jahren sollte als Fixpunkt gelten.

Lebensdurchrechnung

Die Information der Betroffenen sei hier ein wichtiger Punkt. Ein weiterer wesentlicher Schritt wäre eine Entwicklung hin zur Lebensdurchrechnung im Zusammenhang mit der Pensionshöhe. Denn die derzeitige Beschränkung der Bemessungsgrundlage auf die 18 besten Jahre bevorzuge lediglich jene Menschen mit steilen Karrieren jedoch nicht die langjährigen Einzahler.

Die derzeitige Regelung sei jedoch bis zum Jahr 2020 fixiert, wie die Sozialforscher betonten. Marin wies darauf hin, dass schon im Jahr 1987 vom damaligen Sozialminister Alfred Dallinger (SPÖ) eine Lebensdurchrechnung forderte.

Für Frauen eigenständige Alterssicherung gefordert

Bei den Hinterbliebenenpensionen wurde eine Spreizung von 0 (zuvor 20 %) auf 60 % vorgenommen. Auch darüber zeigten sich die Experten nicht gerade glücklich. Ein Nachteil bestehe darin, dass eine "Hausfrau" immer die volle Hinterbliebenenpension erhalte, während die berufstätige Witwe meist deutliche Einschränkungen hinzunehmen habe. Einerseits sei eine solche Regelung in sich logisch, gesellschaftspolitisch gesehen jedoch inakzeptabel.

Ein wichtiger Schritt seien vor allem Maßnahmen zur Schaffung einer eigenständigen Alterssicherung für Frauen. Als positiv hoben Prinz und Marin hervor, dass die Kindererziehungszeiten (maximal fünf Jahre) erstmals pensionsbegründend sind.

Gegen Null-Lohnrunde bei den Beamten

Die beiden Experten kritisierten auch das Fehlen von Pensionsbeitragskonten, Kostenwahrheit und Transparenz. Bei den Beamten sprechen sie sich vehement gegen eine Null-Lohnrunde aus. Prinz regte eine altersmäßige Staffelung an, bei der eventuell die höchsten Altersstufen von Erhöhungen ausgeschlossen sein könnten. Auf diese Art und Weise könnte man in kurzer Zeit die Einkommenskurve abflachen.