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Frust, die neue Großpartei

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

Heinz Fischer kann sich freuen, er wurde beeindruckend wiedergewählt. Wenigen Politikern passt dieses Amt so angegossen wie ihm. Dass die Wahlbeteiligung auf etwa 50 Prozent abgesackt ist, fuhr schon am Sonntagnachmittag allen in die Glieder. SPÖ, Grüne und FPÖ machten die Volkspartei dafür verantwortlich, weil diese erstens keinen eigenen Kandidaten aufgestellt und zweitens Funktionäre sagen lassen hatte, dass ungültig zu wählen auch ganz lustig sei . . .


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Die Kritik stimmt, greift aber gleichzeitig zu kurz. Viele Menschen gingen nicht zur Wahl, weil sie frustriert sind. Es geht ihnen dabei nicht darum, das Amt des Bundespräsidenten zu beschädigen, sondern politische Institutionen generell: Es würde zu wenig passieren, die Politiker packeln eh nur, am Ende zahlt der Bürger die Zeche. So und ähnlich lauten die Begründungen.

Nicht mehr die FPÖ vereint die Proteststimmung auf sich, sondern die Nichtwähler haben die neue Großpartei "Frust" aus der Taufe gehoben. Fischer eignet sich dafür blendend: ein klarer Großkoalitionär, seit Jahrzehnten Bestandteil der "politischen Klasse". Medien mögen auch verantwortlich sein: Oft stellen sie sorglos Politiker als unfähige Abkassierer hin. Vielfach stimmt das nicht, doch solche Unterscheidungen werden nicht oft gemacht.

Die Hauptverantwortung nimmt den politischen Institutionen, vor allem den Parteien, aber niemand weg. Ihr personeller Nachwuchs ist dünn, quantitativ und qualitativ. Der frühere ÖVP-Politiker Heinrich Neisser beklagte als einer der Ersten diese "negative Auslese" in den Parteien.

Vielen Menschen stößt sauer auf, dass die Republik insgesamt schlecht organisiert ist. Die Debatte um die Verwaltungsreform verdeutlicht, dass es auf Länder-Ebene Institutionen gibt, die im EU-Gefüge so gut wie nichts mehr zu tun haben. Dass dabei nichts weitergeht, zeigt auch, dass die Politiker bei sich nicht selbst gerne sparen, aber liebend gerne über Steuererhöhungen diskutieren.

Bei dieser Wahl ging es um nichts, der Sieger stand fest - insgesamt die ideale Konstellation für die neue Großpartei "Frust". Auch bei kommenden Wahlen wird die Beteiligung sinken, außer es gibt (allerdings ebenfalls fruststeigernde) Zweitwohnsitz-Regelungen wie in Niederösterreich . . .