Top-Manager sind über maximal "zwei Handshakes" befreundet. | Gegen die Kumpels aus Studienzeiten und Vereine haben Frauen keine Chance. | 40-Prozent-Frauen-Quote im Aufsichtsrat ist in Norwegen verpflichtend. | Wien. Anders als im operativen Bereich wird die Stelle eines Aufsichtsrates so gut wie nie ausgeschrieben. "Man bemüht sich hier nicht einmal um den Anschein von Transparenz", klagt Gundi Wentner, Spezialistin für Management-Recruiting bei Deloitte Touche. Das Ergebnis: Es sind immer dieselben Personen, die in den Aufsichtsräten sitzen - genauer gesagt: immer dieselben Männer.
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Jagen und Verhabern
"Es gibt Studien, wonach tausend Manager im Schnitt über zwei Handshakes miteinander verbunden sind. Es ist immer der Freund des Freundes", erklärt Harald Katzmaier, Spezialist für soziale Netzwerke, am Dienstagabend bei einer Diskussionsveranstaltung. "Und es ist schwierig, in solche Netzwerke vorzudringen", so Katzmaier.
Diese Männer verbinde neben den gemeinsamen Studienzeiten auch Klubmitgliedschaften, "Jagdgesellschaften und hin und wieder der Alkoholkonsum bis nach Mitternacht. Alles Zeitfresser, für die die Frauen bei den gegenwärtigen Strukturen gar nicht die Muße hätten, falls sie auch Kinder haben."
Das Argument, dass es eben nicht genug qualifizierte Frauen gibt, kann zumindestens Gundi Wentner nicht mehr hören. "Ich habe einmal einem Kunden eine ganze Liste mit potenziellen weiblichen Führungskräften geschrieben. Aber keine einzige wurde jemals angesprochen. Erfahrungsgemäß ist es so, dass sich noch immer ein Mann findet, selbst wenn das österreichische Gesetz die Zahl der Aufsichtsratsmandate auf acht pro Person beschränkt."
Die Juristin Wentner, die auch über eine Ausbildung an der Johns-Hopkins-University verfügt, ist nach eigenem Bekunden "eine echte Verfechterin einer Frauenquote, wo immer es nur gut tut". Doch bei Aufsichtsräten ist eine Quote in Mitteleuropa nicht einmal angedacht.
In Norwegen stellt sich die Situation seit Anfang des Jahres anders dar: Dem damaligen konservativen Wirtschaftsminister Ansgar Gabrielson hat es gereicht - all die Studien, wonach Geschlechterdiversität in den Management-Ebenen einen bis zu 53 Prozent höheren Return On Equity (ROE) auf das Betriebsergebnis hätten. Plus das Faktum, dass die demografische Entwicklung sich nicht aufhalten lässt.
Gabrielson brachte daher 2006 einen Gesetzesantrag ein, wonach 40 Prozent der Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen Frauen sein müssen. Das Gesetz wurde akzeptiert und ist heuer mit 1. Jänner in Kraft getreten.
Ausbildung liegt brach
In den österreichischen Aufsichtsräten befindet sich - rechnet man etwaige Arbeitnehmervertreterinnen im Gremium weg - eine Frauenquote von fünf Prozent.
Einen österreichischen Ausnahmefall stellt Eva Marchart dar, Vorstandssprecherin bei Raiffeisen Centro, die auch in vier Aufsichtsräten sitzt. In drei davon, weil die Raiffeisen Centro dort über Anteile verfügt, das vierte Mandat ist über eine Kundenbeziehung an sie herangetragen worden. Marchart hält nichts von einer Quote - "zumindest beim momentanen Stand wäre es verfrüht". Denn es würden in der öffentlichen Verwaltung und in der Gesellschaftspolitik noch immer ein Reihe von Maßnahmen fehlen.
"Da muss nicht die Privatwirtschaft die Vorreiterrolle spielen", meint Marchart. Sie glaubt aber auch, dass ein Umdenken stattfinden muss.
"Ich brauche nicht die Studien, die mir sagen, dass Unternehmen mit Frauen in der Führungsetage ein besseres Ergebnis bringen. Es reicht, wenn das Ergebnis gleich gut wäre. Aber es ist volkswirtschaftlich ein Desaster, die Ausbildungskosten bei der Hälfte der Bevölkerung brach liegen zu lassen. Und das in Zeiten des war on talents. Man kann nicht auf 50 Prozent der personellen Ressourcen verzichten."