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Führungskrise bei Anti-Terror-Einheit: Polizeipräsident zieht die Notbremse

Von Werner Grotte

Analysen

Außenstehende mag der Abgang von Werner Auterickys, dem Chef des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT), überrascht haben. Doch hinter den Kulissen gärte es schon lange: Die geheimnisumwitterte und nicht immer unumstrittene LVT-Truppe (ehemals "Staatspolizei") mit oft heiklen Aufgaben bis weit hinein in den Geheimdienstbereich braucht eine starke und erfahrene Führungshand. Und genau die fehlte dem jungen Juristen. | Der 41-Jährige war Teil des Rundum-Erneuerungsprogrammes gewesen, das sich Wiens Polizei nach den Querelen um Ex-Kripo-Chef Ernst Geiger und Ex-Landespolizeikommandant Roland Horngacher vor zwei Jahren selbst verordnen musste. Der neue Präsident Gerhard Pürstl (47) umgab sich mit einer Reihe jung-dynamisch wirkender Führungskräfte, um die vielen Baustellen der Behörde sanieren zu können.


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Autericky, seit 1988 im Polizeidienst, studierte - ähnlich wie Pürstl - erst später, quasi nebenbei. Er absolvierte bis 1997 ein Wirtschaftsstudium und machte 2007 seinen Doktor der Rechte. Nur wenige Monate später wurde er LVT-Chef, was viele in der Polizei nicht zuletzt seiner Näher zur SPÖ zuschrieben.

Doch die Schuhe, in die man ihn gesteckt hatte, erwiesen sich bald als zu groß - etwa bei der Aufarbeitung des Mordfalles Umar Israilov. Der Tschetschene war im Jänner 2009 in Wien auf offener Straße erschossen worden. Vieles blieb im Dunklen - etwa wann, warum und mit welcher Konsequenz er (oder seine Familie) um Personenschutz angesucht hatte. Auch die Hintergründe von Israilovs "Hinrichtung" blieben in vielerlei Hinsicht ungeklärt. Die rasch wachsende Wiener Exil-Tschetschenen-Szene gilt innerhalb der Exekutive aufgrund ihrer guten Vernetzung und teils hohen Gewaltbereitschaft zunehmend als Risikogruppe.

Ähnlich zögerlich agierte das LVT bei der Aufarbeitung der Schießerei in einem Gebetshaus indischer Sikhs im vergangenen Juni.

Dass Präsident Pürstl die Notbremse zieht, war nur eine Frage der Zeit. Und wenn er - ganz Gentleman - nun öffentlich sagt, "persönliche Gründe" stünden hinter Auterickys Rücktritt, lügt er nicht einmal. Vor allem aber hat er die richtigen Konsequenzen zur richtigen Zeit gezogen, bevor sich Intrigen und Grabenkämpfe breit machen konnten wie unter Horngacher.

Wer das Rennen um den schwierigen Posten macht, ist noch offen. LVT-Interims-Chef Erich Zwettler vom Bundeskriminalamt (BK) gilt als aussichtsreicher Kandidat - als ehemaliger Chef der Edok (Einsatzgruppe zur Bekämpfung organisierter Kriminalität) hätte er wohl das Format dazu. Der rehabilitierte Geiger, dessen vorläufiger Wechsel in das BK am Freitag bestätigt wurde, hat nun die Chance, wieder einen Führungsposten zu erhalten. Beide Posten werden aber ausgeschrieben.