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Füllhorn über Schiene und Straße

Von Christian Mayr

Politik

Bis 2020 sollen rund 40 | Milliarden Euro verbaut werden. | Keine Entscheidung über neue | Finanzierungsformen für ÖBB und Asfinag. | Andeutungen über Pkw-Maut nach 2010. | Wien. Eine Liste an Grauslichkeiten, die zu Proteststürmen in den betroffenen Bundesländern führt, wurde erwartet. Doch statt des befürchteten "Streichkonzerts" auf der langen Wunschliste der heimischen Straßen- und Schienprojekte präsentierten Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) und Verkehrsminister Werner Faymann (SPÖ) am Montag das "größte Infrastrukturpaket, das es jemals in einer Legislaturperiode gegeben hat" (Molterer).


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In nackten Zahlen bedeutet dies, dass die Regierung bis 2010 insgesamt 11 Milliarden Euro in den Ausbau von Schiene und Straße pumpt; davon sind 6,4 Milliarden Euro für die ÖBB, 4,6 Milliarden für die Straßenbaugesellschaft Asfinag reserviert. Gegenüber dem Voranschlag im Regierungsprogramm wird damit um rund eine halbe Milliarde Euro mehr ausgegeben als geplant.

Ehrgeiziger werden die Pläne dann von 2010 bis 2020: Allein in dieser Dekade sollen weitere 30 Milliarden Euro verbaut werden, was praktisch einer Verdoppelung der Infrastruktur-Ausgaben gegenüber der aktuellen Legislaturperiode entspricht. Anders als früher sei die Finanzierung der Projekte nun langfristig gesichert, erklärte Molterer.

Faymann wiederum garantiert einen Realisierungsgrad von 90 Prozent bei Projekten bis 2012. Laut Verkehrsminister ein seriöser Wert angesichts eines "abenteuerlichen Generalverkehrsplans", bei dem frühere Infrastruktuminister die Projektkosten viel zu niedrig angesetzt hätten.

Bei den einzelnen Projekten, die es auf die neue Prioritätenliste geschafft haben, zeigt sich eine klare Handschrift: Dort, wo die Verbindungen nach Osteuropa fehlen, wird verstärkt investiert - demnach zählt neben dem Großraum Wien/Niederösterreich auch Oberösterreich zu den Gewinnern (siehe Grafik).

So bekommt Wien (wie bereits in der Freitag-Ausgabe berichtet) mit dem neuen Hauptbahnhof und der S1-Nordostumfahrung ("Lobau-Autobahn") zwei Milliarden-Projekte garantiert. Lediglich zeitlich gibt es Verzögerungen - laut Faymann aufgrund einer "realistischeren" Planung: Statt 2015 soll die S1 nun erst 2018 eröffnen; der Hauptbahnhof statt 2013 in Vollbetrieb nun nur in Teilbetrieb gehen.

Angesichts der Fülle an Projekten kann Wien die Verschiebung der zweiten Donauquerung (A4-A22) ebenso verschmerzen wie die Neuplanung der A24 Hansson-Spange (S1-A23). Um das Stadtentwicklungsgebiet Rothneusiedl (Austria-Stadion) dennoch zu erschließen, wird die A24 aber als 20 Millionen Euro teure Kurzvariante realisiert. "Damit kann das Stadion dort gebaut werden", sagt Faymann im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Niederösterreich bekommt praktisch alle Straßen-Vorhaben bestätigt - lediglich zeitlich müssen einige Abstriche gemacht werden (etwa bei der S8-Marchfeld-Schnellstraße). Beim Bahnausbau werden die Güterumfahrung St. Pölten sowie der viergleisige Westbahn-Ausbau zwischen Ybbs und Amstetten sogar vorgezogen.

Auch Oberösterreich profitiert durch neue Verbindungen Richtung Tschechien: Der Ausbau der Summerauer-Bahn soll fix bis 2017 erfolgen. Und auch die teuren Straßenprojekte wie die Mühlviertel-Schnellstraße (S10) oder der Westring mit Donaubrücke (A26) werden bis 2015 zu einem Großteil realisiert.

Kaum Überraschungen gab es bei den weiteren Großprojekten der ÖBB: Der umstrittene Koralmtunnel kommt wie angekündigt bis spätestens 2018. Nicht vor 2012 im Plan ist der Bau des Semmeringtunnels. Faymann will hier zunächst die für Sommer erwarteten ersten Planungsdetails abwarten. Dasselbe gilt für den Brenner-Basistunnel, für den es eine Sonderfinanzierung geben soll.

Schuldenstand wächst

Was die Finanzierung all dieser Projekte betrifft, blieben am Montag allerdings viele Fragen offen: Denn unklar ist weiter, wie nach 2010 mit der dramatische Verschuldung von ÖBB und Asfinag (zusammen dann 25 Milliarden Euro) umgegangen werden soll. Bei der Asfinag würden sich nämlich die jährlichen Investitionen ab 2010 um 50 Prozent (von 1 auf rund 1,5 Milliarden Euro) erhöhen - für viele Bilanzexperten ist es nach wie vor ein Rätsel, wie diese Problematik gelöst werden soll. Am Montag sprachen Molterer und Faymann kryptisch von "Herausforderungen", die es dann zu meistern gelte.

Angedeutet wurde dabei als Lösung die Pkw-Maut: Laut Faymann sei der Preis für die Autobahnvignette derzeit "sehr niedrig" - in der laufenden Legislaturperiode werde es aber keine Pkw-Streckenmaut geben. Zugleich meinte Faymann aber: "Ich glaube, dass die Asfinag ein selbsttragendes System bleiben soll."

Direktzuschüsse vom Staat an die Asfinag wird es bis 2010 nur in geringem Ausmaß geben: Rund 200 Millionen Euro sollen jährlich aus der Anhebung der Mineralölsteuer lukriert werden. Bilanz-technisch soll weiters die Übertragung des gesamten Straßennetzes an die Asfinag (um einen Euro) für Entspannung sorgen.

PPP-Kompetenzzentrum

Zugleich gibt es den klaren Auftrag, zielgerichteter zu planen und so zehn Prozent an Kosten zu sparen. Auch soll es künftig mehr PPP-Projekte ("Public-Private-Partnership") für die Infrastruktur geben - dafür wird extra ein neues Kompetenzzentrum geschaffen, kündigte Molterer an.

Ähnlich ungewiss die Situation bei den ÖBB: Vorerst ist ein Direktzuschuss von 700 Millionen Euro bis 2012 im Gespräch. S. 4