Schon jede zweite Gemeinde heuer in den roten Zahlen. | Gesundheitskosten steigen stark. | Wien. Schon heuer dürfte bereits mehr als die Hälfte aller österreichischen Gemeinden - 2356 sind es ohne Wien - weniger Einnahmen als Ausgaben verzeichnen. Angesichts dieser trister Finanzaussichten empfiehlt das auf Gemeinden spezialisierten Verwaltungsforschungs-Zentrums KDZ den österreichischen Bürgermeistern verstärkte Kooperationen - auch ohne die eher ungeliebten Zusammenlegungen. Aber erst gut ein Drittel aller Bürgermeister bereitet sich aktiv auf die wachsenden Schuldenstände vor, ergab jüngst eine OGM-Studie.
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Laut einer Schätzung des KDZ werden die Gemeinden insgesamt heuer 12,1 Milliarden Euro ausgeben und 12,5 Milliarden Euro einnehmen. Es bleiben also österreichweit noch rund 400 Millionen Euro für Investitionen - etwa in Schulen, Kindergärten oder Kanalisation. Spätestens 2013 wird die Bilanz aber kippen: Ausgaben von 13,75 Milliarden stehen dann nur noch Einnahmen von 13,6 Milliarden Euro gegenüber. Damit werden fast alle Bürgermeister Budgetdefizite einfahren, etwa die Hälfte wird nicht einmal mehr die laufenden Kosten durch Einnahmen abdecken können - ganz zu schweigen von zusätzlichen Investitionen.
Einerseits müssten die Gemeinden ihre Steuereinnahmen stärken - etwa durch Streichung von Ausnahmen bei der Kommunalsteuer und durch eine Reform - sprich Erhöhung - der Grundsteuer. Aus diesen beiden Gemeindesteuern haben die Kommunen in den 1970er Jahren noch mehr als 40 Prozent ihres Budgets bestritten, mittlerweile sind es nur noch 20 Prozent.
Über die Kommunalsteuer fließen drei Prozent der Lohnsumme eines jeden Arbeitnehmers an die Gemeinde. Ausgenommen sind aber - neben länderspezifischen Steuerbefreiungen - auch Beamte, Eisenbahner und Sozialversicherungs-Mitarbeiter. Die Ausnahmen könnte man abbauen - das würde insbesondere Gemeinden mit Verwaltungszentren stärken und der Tatsache Rechnung tragen, dass Zentralorte Mehrausgaben haben, weil sie Infrastruktur unterhalten müssen, von der auch die Umlandgemeinden profitieren.
Gemeinsame Bauhöfe und Verwaltungszentren
Andererseits drängen Experten auf noch viel mehr Verwaltungskooperationen über Gemeindegrenzen hinweg. Nach dem Motto "fünf Gemeinden, eine Verwaltung" könnte man "Skaleneffekte" nutzen, wenn sich etwa mehrere kleine Gemeinden einen Bauhof teilen oder ein gemeinsames Verwaltungszentrum mit flexibleren Öffnungszeiten betreiben.
Außerdem könnten die komplexen Finanzströme zwischen Ländern und Gemeinden entflochten werden, indem die Länder etwa die derzeit geteilten Kosten für die Krankenhäuser selbst übernehmen und die Gemeinden dafür die Kindergärten in ihre Alleinverantwortung übernehmen.
Eine besondere Herausforderung stellt die Altenpflege dar: "Es wird insgesamt schwer möglich sein, das nur ausgabenseitig zu schaffen, weil der Nachfrageanstieg so groß ist", so Manuel Köfl vom KDZ. Er plädiert ebenso wie Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer für die Einführung einer Versicherung oder eines Pflegefonds.
Die österreichischen Gemeinden sind schon jetzt tief in den roten Zahlen. Insgesamt standen die 2356 Gemeinden (ohne Wien) im Vorjahr mit 11,2 Milliarden Euro in der Kreide. Die Pro-Kopf-Verschuldung der Kommunen ist laut Zahlen der Statistik Austria in Niederösterreich mit 2270 Euro pro Gemeindebürger am höchsten (siehe Grafik). Obwohl die meisten Spitäler auch dort mittlerweile beim Land ressortieren, sind Gesundheits- und Sozialausgaben weiterhin die wesentlichsten "Kostentreiber" für die Gemeinden. Insgesamt werden "Krankenhausumlage" und "Sozialhilfeumlage" bis 2013 um 10 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro anwachsen und damit zum größten Ausgabenposten der heimischen Gemeinden vor dem Verwaltungs- und Betriebsaufwand (3,8 Milliarden Euro) und den Personalkosten (3,2 Milliarden Euro) ansteigen. Mödlhammer sieht deshalb auch als dringendste Aufgabe die Einrichtung eines mit 300 bis 400 Millionen Euro dotierten Pflegefonds oder einer Pflegeversicherung.