Wolfgang Baumjohann, Direktor des Instituts für Weltraumforschung, über Österreichs Beteiligung.
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"Wiener Zeitung": Warum ist die Erforschung von Kometen wichtig?Wolfgang Baumjohann: Wir untersuchen mit der "Rosetta"-Mission Materie, die aus der Entstehung des Sonnensystems übrig geblieben ist. Anhand der Struktur des Kometenstaubes könnten wir verstehen, wie die Bausteine von Planeten zusammengebacken werden. Auch wollen wir wissen, ob dieser Staub genug Wasser enthält, um es auf unseren Planeten zu bringen, und ob Kometen organische Elemente enthalten, die die Grundbausteine für Leben sind.
Steigen dann die Chancen, dass es Leben auf anderen Planeten gibt?
Wenn man in einem Kometen etwas findet, das mit Aminosäuren vergleichbar ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch auf Exoplaneten Leben existiert, wesentlich höher. Wenn wir keine solchen Bausteine finden, könnte Leben wo anders entstanden sein - etwa weiter innen im Sonnensystem bei höheren Temperaturen. Es gibt viele Hypothesen zur Entstehung des Lebens. Mit Rosetta werden wir eine bestätigen oder ausschließen können.
Mit welchen Instrumenten ist Österreich an der Mission beteiligt?
Österreich ist an fünf der 21 Instrumente beteiligt. Unser Institut ist federführend beim Raster-Kraft-Mikroskop "Midas" an Bord der Sonde, das die Struktur des vom Kometen freigesetzten Staubs untersuchen soll. Außerdem haben wir je ein Magnetometer auf dem Orbiter und auf dem Lander. Weiters sind wir an der Anker-Harpune beteiligt, die den Lander auf der Oberfläche festhalten soll, weil der Komet kaum Schwerkraft hat. Unsere Messgeräte prüfen die Festigkeit der Oberfläche und wie sich die Temperatur auf dem Weg zur Sonne verändert. Ein fünftes Experiment untersucht die chemische Zusammensetzung des Staubs.
Und wenn die Landung scheitert?
Dann verlieren wir 20 Prozent der Wissenschaft. Der Lander ist das Hauptereignis und auch für uns Wissenschafter unheimlich spannend, aber er hat nur einen Teil der Geräte dabei. Viele Dinge kann man von der Sonde aus messen anhand der Gase, die der "Tschuri" verströmt, während sie den Kometen ein Jahr lang zu seinem sonnennächsten Punkt zwischen Erde und Mars begleitet. Somit ist die Mission, selbst wenn die Landung nicht klappt, in keiner Art und Weise gescheitert. Gegen Ende des Jahrzehnts werden die Daten ausgewertet sein.
Welche Hindernisse gibt es noch?
Der Lander könnte von einem Gasausbruch auf dem Kometen weggestoßen werden. Oder es könnte ein Trum herumliegen, das ihn kippen lässt. Dann wären die Messungen beeinträchtigt.
Zur Person
Wolfgang Baumjohann
Direktor des Grazer Instituts für Weltraumforschung, ist einer der führenden österreichischen Wissenschafter im Rahmen der "Rosetta"-Mission.