)
Anti-Terror-Einsatz forderte 332 Tote. | Moskau/Wien. Auch fünf Jahre nach der blutigen Geiselnahme in Beslan im Nordkaukasus finden die Hinterbliebenen der mehr als 332 Toten keinen Frieden. Am 1. September 2004 hatte ein Terrorkommando, das vermutlich unter der Leitung des islamistischen Tschetschenenrebellen Schamil Bassajew stand, in einer Schule 1228 Kinder, Eltern und Lehrer in ihre Gewalt gebracht. Zwei Tage später, am 3. September, stürmten Einheiten des russischen Geheimdienstes FSB das Gebäude - die Befreiungsaktion wurde zu einem Blutbad.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Warum fast 150 Eltern und Lehrer sowie 186 Kinder sterben mussten, diese Antwort blieb der russische Staat den Angehörigen der Opfer bis heute schuldig. Den damaligen Präsidenten Wladimir Putin als Verantwortlichen für den fatalen Sturmbefehl als Zeugen vor Gericht zu laden, wurde von der Kreml-treuen Justiz ebenso abgelehnt wie die Forderung von Opfer-Organisationen nach einer internationalen Untersuchung des Falles.
Die offizielle Version der Behörden lautet seit jeher, der Sprengsatz eines Terroristen habe die verhängnisvolle Explosion in der Turnhalle ausgelöst, wo die Geiseln ausharrten, während das Terrorkommando politische Verhandlungen forderte. Hunderte Zeugenaussagen und ein parlamentarischer Untersuchungsbericht weisen hingegen auf einen anderen Ablauf hin: Demnach feuerten die Sicherheitskräfte zuerst und ohne Vorwarnung auf die Schule und verursachten damit die Explosion samt anschließendem Feuer, bei dem viele der Geiseln verbrannten. Andere wurden beim Fluchtversuch im Kugelhagel zwischen FSB und Terroristen getötet.
Organisationen wie "Die Mütter von Beslan" sind überzeugt, dass viele der Schüler noch leben würden, hätte Putin sie nicht seiner Maxime - "keine Verhandlungen mit Terroristen" - geopfert. Eine, die vermitteln wollte, aber nicht durfte, war die mittlerweile ermordete Journalistin Anna Politkowskaja - sie wurde auf dem Flug Moskau-Beslan vom FSB vergiftet (aber überlebte). Immer wieder wurde auch der Verdacht geäußert, der FSB hätte von dem Terrorakt im Vorfeld Wind bekommen, ihn aber nicht verhindert, weil die Selbstdiskreditierung des tschetschenischen Untergrunds, auch wenn dieser mehrheitlich Terror ablehnte, Moskau politisch ins Konzept passte. Die Hinterbliebenen geben derweil nicht auf. Sie forderten einen Termin bei Kremlführer Dmitri Medwedew, damit das Massaker endlich lückenlos aufgeklärt wird und die Verantwortlichen Rechenschaft ablegen.