76 Abfertigungen noch ausständig. | 1184 von 1260 Pensionisten haben unterschrieben. | Wien. Die psychische Belastung der Pensionisten, die einst für die Gewerkschaft gearbeitet haben und jetzt eine Abfertigung statt der Fortzahlung des Pensionszuschusses angeboten bekommen haben, hat mit heute, Samstag, ein Ende. Denn die Frist, die der ÖGB den Pensionisten gegeben hat, ist abgelaufen.
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Bei Helga Seeliger, ehemalige Zentralbetriebsrätin des ÖGB, die als erste eine Klage letzte Woche eingereicht hatte, liefen die Telefone heiß. "Die Leute brauchen Rat und Hilfe." Der Fristdruck sei für die Gewerkschaft unwürdig. Sie bestätigte der "Wiener Zeitung", dass bisher mit Freitag nun insgesamt fünf Klagen eingereicht wurden. Und Seeligers Anwalt Clemens Egermann meinte: "Weitere werden folgen". Ihre Argumentation: Die angebotene Abfindung würde im Schnitt nur 30 Prozent der Zusatzpensionen betragen. Norbert Kunc, ehemaliger ÖGB-Zentralbetriebsrat, der selbst noch überlegt zu klagen und als Pensionistensprecher fungiert, ging davon aus, "dass rund 20 Personen klagen werden".
Mit Stand Freitag haben 1184 von 1260 Senioren die Abfertigung (sie beträgt zwischen 2,2 und 8,8 "Jahreswerten" der über die ASVG-Pension hinausgehenden Zusatzpension) unterschrieben. "76 Unterschriften sind noch ausständig", hieß es auf Anfrage der "Wiener Zeitung" aus dem Büro von ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer. Das sei "enorm viel". Für heute hat der ÖGB daher einen Journaldienst eingerichtet, damit Kurzentschlossene noch betreut werden können. Ein endgültiges Ergebnis gebe es allerdings noch nicht, da von den ausständigen Unterschriften noch sehr viele über den Postweg am Montag oder Dienstag eintrudeln könnten. Und überhaupt, man nehme es mit der Frist "nicht ganz so genau". "Zu spät eingereichte Unterschriften sind auch willkommen."
Neben der Klage auf Fortzahlung des Pensionszuschusses wird auch auf Rechtsschutz geklagt. Denn die Gewerkschaften üben laut Egermann Druck auf die Pensionisten aus. Es gebe von allen Teilgewerkschaften gleich lautende Briefe, in denen den Betroffenen mitgeteilt wird, dass man über die Gewährung des Rechtsschutzes seitens der Gewerkschaft erst im April entscheiden könne. "Ein taktischer Zug", sagte Egermann. Denn die meisten könnten sich keinen privaten Anwalt leisten und würden damit unter Druck gesetzt, die Abfertigung zu unterschreiben.
Abfertigung anfechten
Für Egermann ist klar, dass der ÖGB gegen das Betriebspensionsgesetz verstößt: "Der Pensionszuschuss darf nicht eingestellt, sondern lediglich ausgesetzt oder eingeschränkt werden." Die finanzielle Lage des ÖGB, mit der argumentiert werde, ist für ihn kein Argument: Man müsse erst einmal das Bawag-Closing Ende April abwarten. Bei einem gewonnenen Prozess - gerechnet wird mit bis zu drei Jahren - könnte das auch positive Folgen für alle anderen haben. "Die Pensionisten wären dann in einen Irrtum geführt worden und könnten die Abfertigung anfechten."