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Fünf Kriege führte Israel im Nahen Osten

Von Michael Bauer

Politik

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Wieder einmal schaut die Welt gebannt, besorgt - und immer ratloser - auf den Nahen Osten. Rollende Panzer, explodierende Raketen, sterbende Menschen. Allzu vertraute Bilder aus einer Region, die seit Jahrzehnten die Welt in Atem hält. Nach fünf Kriegen und endlosem Blutvergießen scheint der Frieden nach dem neuen Ausbruch der Gewalt wieder in weite Ferne gerückt. Die Wurzeln des Konflikts gehen auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück, als der Zionismus - der alte Traum der Juden von einer Rückkehr in das Land ihrer Väter mit der Vision des Wiener Journalisten Theodor Herzl vom "Judenstaat" - konkrete Gestalt annahm. Ab 1924 wanderten Juden in größerer Zahl nach Palästina ein. Die wachsenden Spannungen zwischen Juden und Arabern entluden sich 1936 in einem arabischen Aufstand. Drei Jahre später beschnitt die britische Mandatsmacht die jüdische Immigration erheblich. Doch getrieben von Leid und Tod, das die Ausrottungspolitik Nazi-Deutschlands über die Juden Europas brachte, taten sich die europäischen Regierungen schwer, den Juden den Weg in ihr gelobtes Land zu versperren. Schließlich beschloss die UNO 1947 die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat.

Staatsproklamation

David Ben Gurion proklamierte am 14. Mai 1948 in Tel Aviv den Staat Israel. Stunden später griffen die arabischen Nachbarstaaten an - und unterlagen. Das war erste israelisch-arabische Krieg. Im Oktober 1956 griff Israel an der Seite Frankreichs und Großbritanniens Ägypten an - seither waren die Fronten endgültig geklärt: Israel steht im westlichen Lager, Ägypten und Syrien gelten als Schützlinge der Sowjetunion. Die enge Bande Israels zu den USA begann. 1967 folgte der dritte Nahostkrieg, der "Sechstagekrieg". Als sich in den arabischen Nachbarstaaten die Anzeichen für einen bevorstehenden Angriff häuften, schlug Israel los und errang einen Blitzsieg. Es eroberte die Halbinsel Sinai, die syrischen Golan-Höhen, das Westjordanland und die Altstadt von Jerusalem. Die arabische Welt befand sich im Schockzustand; im Land der Sieger legte sich die anfängliche Euphorie bald, denn der Staat stand vor dem Problem, eine Million Palästinenser in den besetzten Gebieten in Zaum zu halten. Im Oktober 1973 wurde der Mythos von der Unbesiegbarkeit Israels erstmals erschüttert. Ägyptische Truppen überrumpelten am jüdischen Feiertag Yom Kippur die israelischen Streitkräfte. Erst nach schweren Verlusten und mit massiver US-Hilfe gelang es den Israelis, alle vorher verlorenen Gebiete zurückzugewinnen.

Suche nach Frieden

Nach dem Tod des ägyptischen Staatschefs Abdel Nasser und dem Bruch Kairos mit Moskau kam es zum historischen Besuch Anwar Sadats in Jerusalem. Dem Friedensangebot des Nasser-Nachfolgers vor der Knesset im November 1977 folgten das Abkommen von Camp David und am 26. März 1979 der Separatfrieden zwischen Israel und Ägypten. Das bedeutete aber keinen Frieden für die Region. Vielmehr marschierte Israel 1982 im Libanon ein und behielt nach dieser Invasion eine besetzte "Sicherheitszone" in dem Nachbarland.

Im Dezember 1987 begannder Volksaufstand der Palästinenser in den besetzten Gebieten. Das israelische Militär versuchte vergeblich, die "Intifada" niederzuschlagen, die zahllose Opfer forderte und Israels Ansehen in der Weltöffentlichkeit erschütterte. Erst als 1992 Ministerpräsident Yitzhak Rabin sein Amt als Regierungschef antrat, änderte sich das Image wieder. Rabin setzte auf zunächst geheime Verhandlungen mit den Palästinensern in Oslo. Das führte im September 1993 zur gegenseitigen Anerkennung Israels und der PLO, in Washington reichten sich Rabin und der PLO-Vorsitzende Yasser Arafat vor einer staunenden Welt die Hand. Im Jahr darauf zogen sich israelische Truppen aus Hebron und Gaza zurück. Doch mit der Ermordung Rabin durch einen jüdischen Extremisten und der Wahlniederlage seines Außenminsiters und Nachfolgers Shimon Peres im Mai 1996 kam der Friedensprozess zum Erliegen. Nachfolger Benjamin Netanyahu vom rechtskonservativen Likud-Block setzte auf Verzögerung und stellte immer neue Forderungen. Das Oktober 1998 bei Washington unterzeichnete Abkommen von Wye Plantation scheiterte.

Nach dem Wahlsieg von Ehud Barak einigten sich beide Seiten am 4. September 1999 in einem Ergänzungsabkommen ("Wye II") auf einen Rückzug der israelischen Armee aus weiteren Teilen des Westjordanlands. Die Palästinenser sicherten Israel ein hartes Durchgreifen gegen islamische Extremisten zu. Bis zum 13. September 2000 sollte ein endgültiges Friedensabkommen alle offen gelassenen Fragen, vor allem den Status Jerusalems, klären.

Obwohl Barak und Arafat ihr politisches Ansehen mit dem Abschluss eines derartigen Abkommens verknüpften, scheiterten Ende Juli in Camp David die Friedensverhandlungen. Die Kluft im Streit um die Altstadt von Jerusalem, genauer gesagt um den Tempelberg mit seinen jüdischen und islamischen Heiligtümern, schien unüberwindbar. Der rechtsgerichtete Likud-Oppositionschef Ariel Sharon versetzt ihm dann möglicherweise den Todesstoß, als er am 28. September den Tempelberg besucht, um Israels Souveränitätsanspruch zu bekräftigen. Die Palästinenser empfinden das als Provokation. In den folgenden Tagen kommt es zu den schwersten Unruhen in den palästinensischen Gebieten seit der Intifada. Dutzende Palästinenser werden bei Straßenkämpfen mit dem israelischen Militär getötet, Hunderte verletzt.