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Für 08/15-Herbergen wird es eng

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Urlaub mit Hund oder Extrem-Faulenzen - Touristiker setzen auf Nischen, um im Wettbewerb hervorzustechen.
© © Gorilla - Fotolia

Zusatzangebote wie 120 Futtersorten oder Sänftenträgerservice locken Gäste an.


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Wien. Michael Langreiter kennt das Problem, mit Hund eine geeignete Urlaubsunterkunft zu finden. Deshalb hat er seinen Drei-Stern-Betrieb Grimming in Rauris vor einem Jahr in ein hundefreundliches Hotel umgewandelt. Absteigen können nur Gäste mit Hund - diese erwarten 28 Doppelzimmer (Typ Mops, Labrador oder Mastino) mit Körbchen, Fressnapf und Fellbürste sowie 120 Futtersorten und Workshops wie "Mit der Kuh auf Du - Bergwandern mit dem Hund". "Vorher war unser Hotelangebot eines unter 100.000, jetzt ist unser Angebot einzigartig", sagt der Hotelier.

Einen Trend zur Spezialisierung beobachtet Lukas Waldschütz von der Münchner Hotelberatung Zarges von Freyberg: "In vielen Tourismusregionen gibt es ein Überangebot im Wettbewerb. Eine genaue Positionierung hilft, sich von Mitbewerbern abzugrenzen." Außerdem erwarten die Gäste immer mehr von Hotels. Dementsprechend wird es in Zeiten von stagnierenden Umsätzen und einem starken Verdrängungswettbewerb eng für 08/15-Betriebe, warnt die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV). "Definition allein über den Zimmerpreis ist heutzutage zu wenig."

Der Preis ist für Urlauber dann entscheidend, wenn es viele vergleichbare Hotelangebote gibt. "Wenn ein Gast aber das Gefühl hat, er bekommt etwas Besonderes und Zusatzangebote, können Hoteliers leichter den Preis festsetzen", sagt Waldschütz.

Literaturhotel zog unter der Woche nicht genug Gäste an

Laut Waldschütz entscheiden sich vor allem Betriebe mit einer veralteten Positionierung, sich neu zu orientieren. "Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht - und sind auf Erfolgskurs", sagt Langreiter. "Man muss sich zu hundert Prozent spezialisieren oder gar nicht. Es funktioniert nicht, ein bisschen auf die Zielgruppe Hundebesitzer zu setzen, ein bisschen auf Familien und ein bisschen auf Senioren", sagt der Hoteleigentümer, der vor allem auf Haustiermessen und Hundeausstellungen um Gäste wirbt.

Auf eine andere Nische setzt das Faulenzerhotel in Friedersbach im niederösterreichischen Waldviertel. Den Gästen der Vier-Stern-Herberge steht unter anderem ein Sänftenträgerservice, ein Koffer-Ein- und Auspackservice sowie eine Vorlesebibliothek mit Hörbüchern zur Verfügung.

Eine Auszeit gönnen steht auch im Kleinwalsertal im Mittelpunkt, das sich seit Mai als "erste Lebensfeuer-Region" vermarktet. "Wir haben eine Positionierung gesucht, mit der wir unsere Marke von anderen abgrenzen können", sagt Sandra Janser, Marketingleiterin von Kleinwalsertal Tourismus. Das Lebensfeuer lässt durch eine Messung der Herzratenvariabilität Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand zu. Den Urlaubern stehen zehn ausgebildete Lebensfeuer-Professionals zur Seite, die ein individuelles Urlaubs- und Wanderprogramm zusammenstellen und in einem Coachinggespräch Ernährungs- und Entspannungstipps geben. Zwar ist das Konzept erklärungsbedürftig - in der Region hofft man aber dennoch auf gesundheitsbewusste Urlauber, die sich für Erholung, Burnout-Prävention und Stressmanagement interessieren.

Längst nicht mehr hervorstechen können Herbergen jedoch mit einem Wellness-Bereich - auf diesen Trend sind vor einigen Jahren unzählige Touristiker aufgesprungen. Mittlerweile gehören Hallenbad und Sauna zur Standardausstattung jedes gehobenen Hotels.

Genauso problematisch ist es allerdings, wenn ein Trend abebbt oder die ausgesuchte Nische zu klein ist - und damit zu wenig Gäste anlockt, gibt Waldschütz zu bedenken. Dies war bei einem Literaturhotel der Fall, das sich auf das Thema Bücher, Literatur, Lesungen, Themenabende konzentriert hatte. Die deutsche Herberge lockte Gäste nur am Wochenende an. "Das Problem wurde dann so gelöst, dass aus dem Literaturhotel ein Literatur- und Businesshotel wurde, das unter der Woche vorwiegend Geschäftsreisende, am Wochenende vorwiegend Literaturinteressierte beherbergt", sagt Waldschütz. Für Geschäftsreisende sei das Literaturangebot dann ein zusätzliches Zuckerl.