Zum Hauptinhalt springen

Für Alkoholiker spendet keiner

Von Regine Bohrn und Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Österreicher spendeten 2010 rund 420 Millionen Euro. | Rotes Kreuz und Caritas sind die größten Empfänger. | Spender schauen beim Geldgeben auf das Image. | Wien. Die Spendenfreudigkeit der Österreicher nimmt jährlich zu. Insgesamt wurden 2010 an die 420 Millionen Euro gespendet - 2009 waren es noch 380 Millionen Euro. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Spendenbericht des Fundraising Verbands Austria. Auffallend ist, dass die meisten Spenden an Organisationen gingen, die sich für karitative Zwecke, Tiere oder Umwelt stark machen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Das Rote Kreuz - die Nummer eins, was die Spendensumme angeht - erhielt rund 49 Millionen Euro, gefolgt von der Caritas mit rund 41 Millionen. Danach kommen etwa die SOS Kinderdörfer oder die St. Anna Kinderkrebsforschung. Greenpeace hat es auf den zehnten Platz geschafft (rund 8 Millionen Euro) und ist somit die erste Organisation in der Rangliste, die sich für die Umwelt oder Tiere engagiert. In den Top-25 findet sich aber keine Organisation, die sich dezidiert den Themen Asyl, Integration, Aids oder Alkoholmissbrauch widmet.

Geld für Kinder, Tiere und Katastrophenopfer

Der Grund dafür: Die Österreicher spenden gerne an Projekte für Kinder. Danach kommen - mit beachtlichem Abstand - Tiere, Katastrophenhilfe im Inland sowie Kirchen und religiöse Vereinigungen, so eine Umfrage des Sozialforschungsinstituts Public Opinion. Bestätigt werden diese Ergebnisse von betroffenen Organisationen: "Uns fällt es sehr schwer, Spenden zu erhalten", meint etwa Andreas Zembaty, Pressesprecher der Bewährungshilfestelle Neustart. Zum einen würden die Menschen denken, dass sich der Staat finanziell um straffällig gewordene Leute kümmern sollte, zum anderen sei die Unterstützung von Kriminellen ein "schlechter Grund" zum Spenden.

Leicht mit dem Auftrieben von Spenden hat es auch der Flüchtlingsdienst der Diakonie nicht. "Es ist ein schweres Thema, das man nicht in drei Sätzen erklären kann", sagt Waltraud Portner-Frisch. Das Spendenaufkommen sei stark von der medialen Berichterstattung abhängig: Wenn es mehr positive Berichterstattung über Asyl und Flüchtlinge gibt, steige die Zahl der Spenden an.

Beim Verein Purple Sheep, der ehrenamtlich und unentgeltlich Rechtsberatung für Asylwerber anbietet, wird die Situation ähnlich gesehen. Da der Verein "nur" rechtliche Beratung anbiete, sei es schwer, Leute zum Spenden zu animieren, sagt Sprecher Kurosch Allahyari. Beim Flüchtlingsprojekt von Ute Bock sei es "spendentechnisch eine Spur einfacher" , so Allahyari, der dort ebenfalls für die Pressearbeit zuständig ist. Zum einen verfüge Bock über einen gewissen Bekanntheitsgrad und zum anderen werde hier für Wohnungen und Essen gespendet - also Dinge, die "greifbar" sind.

Generell ist es laut den Forschern von Public Opinion so, dass in Österreich eher wenig für Asylwerber und Flüchtlinge gespendet wird. Waren im Jahr 2000 noch rund fünf Prozent der Österreicher bereit, für diese Gruppe zu spenden, so war es im Jahr 2010 lediglich ein Prozent.

Auch die Aidshilfe fällt nicht in die Hauptzielgruppe der Spendenempfänger. "Wir haben es aber leichter als viele andere Organisationen, weil wir der Hauptbegünstigte des Life Balls sind", sagt Sigrid Ofner von der Aidshilfe. Zudem werde in Wiener Theatern rund um den Weltaidstag am 1. Dezember Geld gesammelt.

"Suchtkranke haben ein schlechtes Image"

Beim Spenden wird aufs Image geachtet: "Wir bekommen praktisch gar keine Spenden", sagt Michael Musalek, Vorstand des Anton Proksch Instituts. Für die Klinik, die unter anderem Alkoholkranke behandelt, sei es besonders schwer, weil "Suchtkranke ein schlechtes Image haben". Von Firmen komme wenig Hilfe: "Die wollen nicht mit Sucht in Zusammenhang gebracht werden", sagt Musalek.

Schwer tun sich die Frauenhäuser beim Geld sammeln. "Das Thema Gewalt in der Familie ist sperrig", so Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser. Statt Geld gebe es Sachspenden wie Spielzeug, Kleidung und Möbel. Da in einigen Bundesländern Förderung gekürzt wurde, sind Spenden noch dringender. Mit dem Erlös aus einem Clubbing am 16. März im Wiener U4 soll ein Polster für Notfälle aufgebaut werden. "Wir wollen aber nicht nur von Spenden leben, sondern auch auf die Verantwortung der Fördergeber hinweisen", sagt Rösslhumer.