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Die Wirtschaftskammer (WKÖ) bringt Vorschläge zur Gesundheitsreform: Präsident Christoph Leitl schätzt das mögliche Einsparvolumen auf 2 Mrd. Euro. Weniger Bürokratie, die Abschaffung von Mehrfachbehandlungen sowie das verpflichtende Einhalten eines Behandlungspfades würden dem Gesundheitssystem auf die Beine helfen. Die Leitl-Devise lautet: Vor dem Heilen müsse auf die Vorsorge stärkeres Augenmerk gelegt werden. Außerdem sollten künftig alle Patienten mit denselben Selbstbehalten und Leistungen rechnen können.
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Als Vorbild schwebt Leitl das aus den USA kommende "Managed-Care-Modell" vor, welches die privaten Versicherungen ihren Klienten vorschreiben. Demnach muss ein Patient vor jedem Arztbesuch in einem Call-Center die Genehmigung für seine Schritte einholen, womit aber die persönliche Wahl des Arztes massiv eingeschränkt wird.
Ähnliches sollte auch in Österreich eingeführt werden, damit Ambulanzen und Spitäler von der Besucherflut befreit würden, meint Leitl. Nur wenn der Hausarzt eine Überweisung ausstellt, soll die Spitals- oder Ambulanzbehandlung auch von der Krankenkasse bezahlt werden. Ist dies nicht der Fall, hat der Betroffene selbst die Zeche zu begleichen.
Heftigen Widerstand gegen die Einführung des Behandlungspfades kommt von der Ärztekammer. Präsident Reiner Brettenthaler wertet ihn als "Angriff auf die Patienten". Das Ergebnis sei eine schlechtere Versorgung der Menschen. "In den USA hat sich das Managed-Care-Modell keineswegs bewährt. Immer mehr haben mittlerweise aus Frust über die unzureichende Versorgung das System verlassen." Ein Blick in die USA genüge, um das Versagen des dortigen Gesundheitssystems zu erkennen. "Dort gibt es die höchsten Ausgaben für Gesundheit, aber beim Gesundheitszustand der Bevölkerung hinkt man anderen Industrienationen hinterher." Brettenthaler warnt davor, dass vor allem chronisch Kranke und Alte auf der Strecke blieben.
Ein weiterer WKÖ-Vorschlag nimmt auf die Gesundheitsvorsorgeuntersuchung Bezug. Im Rahmen der Neugestaltung sollte ein Anreizmodell entwickelt werden. Leitl schlägt vor, dass jeder Arbeitnehmer über 40 Jahre mit einer Prämie von 50 Euro pro Jahr zur Gesundenuntersuchung gelockt wird. Für den Arbeitgeber müsse derselbe Bonus gelten. 70 Mill. Euro sollte dem Staat diese Vorsorgeinvestition wert sein.
Von einer Fusion der Krankenkassen will Leitl vorerst nichts wissen, er plädiert aber für eine Zusammenlegung von EDV, Bestellwesen und Personal. Damit könnten schon beträchtliche Summen eingespart werden. Statt die Pharmabranche durch Verzicht auf hohe Margen zur Kasse zu bitten, fordert Leitl vom Finanzminister einen Aderlass: Die Umsatzsteuer auf Medikamente sollte von 20 auf 10 Prozent gesenkt werden, das brächte geschätzte 200 Mill. Euro.