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Experte über die Probleme der | Modernisierung. | Gute Basis, aber Gefahr, dass zu | wenig passiert. | "Wiener Zeitung":Sie beraten öffentliche Institutionen bei der Modernisierung ihrer Verwaltung. Wo hakt es?
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Franz Schwarenthorer:
Es ist auf allen Ebenen Handlungsbedarf. Viele Organisationseinheiten haben keine Strategie. Es gibt zu wenige Aufgabenreformprojekte, um Aufgaben zu reduzieren. Und es fehlt eine Reihe an Instrumenten: Kostenrechnung, Leistungskataloge bis hin zu Zielvereinbarungsgesprächen. Dann ist noch das Problem, dass sich Führungskräfte häufig nicht als Führungskräfte wahrnehmen. Führung findet also nicht statt, und damit wird auch das Personal zu wenig weiterentwickelt. Das wird teilweise dadurch verstärkt, dass klare Ziele fehlen.
Auf Bundesebene wäre jetzt eine gute Basis da - mit der Kosten- und Leistungsrechnung. Wenn diese nicht in Zielvereinbarungen eingebettet wird, wenn es keine Aufgabenreformprojekte gibt, wird sie sterben.
Und wie sehen Sie da die Zukunft?
Da besteht die Gefahr, dass zu wenig passiert. Das Bildungsangebot wird auf Bundesebene noch nicht ausreichend wahrgenommen.
Wie sieht es bei den anderen Gebietskörperschaften aus?
Bei den Landesverwaltungen gibt es ein paar, die herausstechen, das Magistrat Wien zum Beispiel. Das zweite Bundesland, das ich sehr vorbildlich sehe, ist Oberösterreich. Das Land Steiermark ist ebenfalls auf einem guten Weg.
Und wie schaut es bei den Gemeinden aus?
Die Gemeinden haben am meisten im Bereich Struktur gemacht: Bürgerservicestellen, Bürgerbüros. Wenn man aber Basisinstrumente wie Zielvereinbarungssysteme oder Kostenrechnung hernimmt, schaut es teilweise noch sehr dürftig aus. Da ragen ein paar Städte heraus wie Wels oder Linz. Je kleiner die Städte werden, desto weniger ist tendenziell in den letzten Jahren passiert.
Warum?
Es fehlt oft das Know-how. Gemeinden können sich häufig keine Beratungen leisten. Wir haben das Problem, dass wir sehr viele kleine Gemeinden haben. Gemeinden schließen sich schon jetzt zum Beispiel zum Thema Wasser und Abwasser zusammen, errichten gemeinsame Kanalisationsanlagen oder Wasserverbände. Wenn sie größer sind, können sie besser arbeiten.
Das heißt, ich brauche für Verwaltungsmodernisierung mehr Budget?
Zu Beginn der Modernisierung brauche ich immer mehr Ressourcen, als ich vorher hatte. Das ist manchmal eine Fehleinschätzung zu glauben, man führt Controlling ein und spart sich im ersten Jahr gleich zehn Prozent ein. Das Gegenteil ist der Fall. Die ersten ein, zwei Jahre muss ich investieren, sei es darin, dass Mitarbeiter für diese Projekte bereitgestellt werden, dass ich vielleicht eine neue Software brauche, oder dass ich externe Beratungsleistungen in Anspruch nehme.
Was sind die Herausforderungen an die Verwaltung in der Zukunft?
Das Zielbild ist der Beamte, der nach Zielen, dienstleistungsorientiert und sehr effizient arbeitet. In Zukunft werden weniger Beamte immer mehr Aufgaben erfüllen müssen. Jährlich kommen allein von der Europäischen Union getrieben eine Menge neuer Aufgaben dazu. Von selbst fallen kaum Aufgaben weg. Die Mitarbeiter müssen fit mit der EDV und im Umgang mit den Bürgern sein. Gerade Bürgerbeteiligung und Stakeholdermanagement werden immer stärker ein Thema. Den traditionellen Beamten musste das nicht interessieren. Es wird auch immer notwendiger, eindeutig zu sagen, dass im Rahmen der vorhandenen Ressourcen gewisse Leistungen einfach nicht möglich sind.
Viele denken bei Verwaltungsmodernisierung als erstes an Ausgliederungen. Sind diese ein Allheilmittel?
Bevor man eine Ausgliederung andenkt, muss man überlegen, was deren Ziele sind. Ähnliche Ziele kann ich häufig auch erreichen, indem ich einfach einer Organisationseinheit mehr Freiheiten gebe oder mit der Organisationseinheit klare Ziele vereinbare. Teilweise werden Leistungen ja auch teurer, wenn man sie ausgliedert. Wenn das Land dann etwas ankauft, kann zum Beispiel Umsatzsteuerpflicht anfallen.
Ist Verwaltungsmodernisierung mit Beamtenreduktion gleichzusetzen?
Das sicher nicht. Darunter leiden viele Beamte. In den Medien wird das Thema Verwaltungsmodernisierung nur unter dem Schlagwort "weniger Beamte" diskutiert. Da redet man nicht von besserer Qualität, von schnelleren Abläufen oder besseren Leistungen. Da heißt es nur, dass wir dann modernisiert sind, wenn wir weniger Leute haben.
Bei den Beamten sehen Sie also Angst vor Verwaltungsmodernisierung, wie steht es um die Politiker?
Es gibt viele Politiker, die sich noch zu wenig mit dem Thema Verwaltungsmodernisierung auseinandergesetzt haben. Dann passiert es, dass die Modernisierung primär von der Verwaltung selbst getrieben wird. Dann sind es einzelne Führungskräfte wie Sektionschefs oder Abteilungsleiter. Sie haben dann die Herausforderung, die Projekte nach oben und unten verkaufen zu müssen.