Beim Landesparteitag der SPÖ-Burgenland am kommenden Samstag wird Hans Nießl zum neuen SPÖ-Landesparteiobmann gewählt werden. Der Landesparteitag ist für Burgenlands Sozialdemokraten gleichzeitig der Auftakt zum Intensivwahlkampf für die Landtagswahl am 3. Dezember, in die Nießl als SPÖ-Spitzenkandidat und die Nachfolge von Karl Stix antreten will. Im Interview mit der "Wiener Zeitung" erklärt Nießl, warum er sich dafür gute Chancen ausrechnet.
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Wiener Zeitung: Herr Klubobmann, wie fühlen Sie sich als Spitzenkandidat der SPÖ für die Landtagswahl?
Nießl: Dazu muss ich natürlich am 14. Oktober erst gewählt werden. Aber diese Funktion motiviert ungemein, vor allem auch deshalb, weil ich seit meiner Designierung überall gute Aufnahme gefunden habe. In unserer Mannschaft, das heißt auch an unserer Basis, herrscht gute Stimmung. Das gibt Kraft. Ich bin gerne unter den Menschen.
WZ: Karl Stix hat schon vor zwei Jahren erklärt, nicht mehr zu kandidieren und den Parteivorsitz an Landtagspräsident Manfred Moser übergeben. Dann hat Moser resigniert und die Wahl fiel auf Sie. Haben Sie nicht mit einem Bekanntheitsdefizit zu kämpfen?
Nießl: Das mag für die erste Zeit und für den Süden unseres Landes gegolten haben. Aber ich habe sehr viel aufgeholt, ich habe mich in den südburgenländischen Gemeinden vorgestellt, eben weil ich gerne auf die Menschen zugehe. Das lernt man als Bürgermeister sehr genau.
WZ: ÖVP und FPÖ haben mit ihrer Mehrheit vorzeitig den Landtag aufgelöst. ÖVP-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Gerhard Jellasitz will Landeshauptmann werden, aber auch die FPÖ hat ihre Anwartschaft angemeldet.
Nießl: ÖVP und FPÖ haben geglaubt, aus dem Kriminalfall "Bank Burgenland" politisches Kapital schlagen zu können und die Neuwahl provoziert. Ich bin nicht sicher, dass diese Rechnung aufgeht. Die Leute im Burgenland wollen diese vorgezogene Wahl nicht. Natürlich deutet jetzt alles auf schwarz-blau auch im Burgenland hin. Es ist das gleiche Muster wie im Bund. Jellasitz hat innerhalb der ÖVP für die FPÖ-ÖVP-Bundesregierung gestimmt. Es ist daher klar, was im Burgenland folgen soll.
WZ: Was ist ihr Wahlziel?
Nießl: Stärker werden, das 18. Mandat erringen, was aber noch immer erst einen Gleichstand bedeuten würde.
WZ: Nach den jüngsten Umfragen haben die Grünen gute Chancen, die hohe Fünf-Prozent-Hürde überspringen zu können und erstmals in den Landtag einzuziehen. Können Sie sich eine rot-grüne Koalition im Burgenland vorstellen ?
Nießl: Ich weigere mich strikt, vor der Wahl irgendwelche Koalitionsaussagen zu treffen. Und die Grünen waren zuletzt nicht sehr freundlich zu uns. Mit dem völlig haltlosen Gerücht, dass das Spital in Güssing von der Schließung bedroht sei, haben sie nur für Panikmache gesorgt. Nach der Wahl werde ich mit allen Parteien Gespräche führen. Das letzte Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP war grundsätzlich positiv. Die FPÖ, die ja auch in der Regierung vertreten war, hat einen destruktiven Kurs gefahren. Die fundamentale Oppositionspolitik des FPÖ-Klubobmannes Wolfgang Rauter grenzt sich von selbst aus. Ob er sich, sollte er in dieser Funktion verbleiben, ändern kann, ist für mich mehr als fraglich.
WZ: Ihr FPÖ-Gegner wird aber nicht Rauter sondern der freiheitliche Landesparteichef Stefan Salzl, Bürgermeister in ihrer Nachbargemeinde Halbturn, sein. Also Frauenkirchen gegen Halbturn. Ist das Brutalität wie Simmering gegen Kapfenberg?
Nießl: Das ist natürlich keine Brutalität. Für mich gilt, mit Sachpolitik und Intelligenz den politischen Konkurrenten zu überzeugen. Ich weiß, dass Salzl ähnlich denkt. In Sachthemen gab es mit ihm auf kommunaler Ebene konstruktive Gespräche. In der Politik gilt es, nicht parteitaktisch zu agieren, sondern die Landesinteressen sind zu vertreten.
WZ: Sie haben gesagt, das Burgenland soll für die neuen großen Herausforderungen fit gemacht werden, jeder Bereich soll nach Reformbedarf durchleuchtet werden. Welche Punkte sind das konkret, mit denen Sie ja auch Ihr Wahlziel erreichen wollen, nämlich, dass die SPÖ weiterhin den Landeshauptmann stellen kann?
Nießl: Die SPÖ hat dazu ein sehr ambitioniertes Programm. Schwerpunkte werden sein: Innovative Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Burgenland und Schaffung qualitativ hochstehender Arbeitsplätze. Als Ziel-1-Gebiet haben wir bis 2006 hier große Chancen. Wir wollen weitere Technologiezentren schaffen mit dem Ziel einer landesweiten Technologieachse. Wir treten für eine Stärkung der heimischen Klein- und Mittelbetriebe ein. Und wir wollen eine Bildungsoffensive. Als Standort für Fachhochschulen nimmt das Burgenland eine Vorreiterrolle in Österreich ein, deshalb sollen die Fachhochschulen weiter forciert werden. Für die FH-Pinkafeld etwa haben wir schon einen neuen Lehrgang für Energie- und Umweltmanagement beantragt; hier ist aber seitens des Bundes noch keine Entscheidung gefallen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Anbindung des Burgenlandes an internationale Verkehrswege, verbunden mit dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Diese Themen haben auch besondere Bedeutung in Hinblick auf die EU-Osterweiterung. Die Eisenbahn-Anbindung an transeuropäische Netze ist unbedingt notwendig. Ebenso müssen wir aber auf die besondere Situation für unsere Pendler Rücksicht nehmen, sprich Erhaltung und Ausbau der Nebenbahnen.
Zumindest ebenso wichtig sind für mich die qualitätssichernden Maßnahmen im Gesundheits- und Sozialbereich. Es wird daher weitere Investitionen in die burgenländischen Spitäler geben, ebenso wollen wir den Sozial- und Pflegedienst ausbauen. Im Burgenland wird es jedenfalls keinen Sozialabbau unter einem SPÖ-Landeshauptmann geben.
WZ: Sie sprechen damit offensichtlich die Sozialreformen der Bundesregierung an.
Nießl: Das sind keine Sozialreformen der FPÖ-ÖVP-Koalitionsregierung, sondern das ist kalter Sozialabbau. Und den wird es, ich wiederhole es sehr deutlich, im Burgenland nicht geben. Die burgenländischen SPÖ-Politiker werden im Wahlkampf natürlich auf die Belastungen durch diese Bundesregierung hinweisen. Ich werde aber sicher keinen Wahlkampf Burgenland kontra Bundesregierung führen. Wir wollen und werden den Menschen unseres Landes den "Burgenländischen Weg" vermitteln und aufzeigen.
WZ: Sie haben auch von einer Reformpartnerschaft gesprochen. Was ist darunter genau zu verstehen?
Nießl: Beispielsweise die Zusammenarbeit in der Regierung. Im Burgenland gibt es eine Konzentrationsregierung. Daher soll eine Regierungspartei nicht Opposition spielen, wie es zuletzt bei der FPÖ der Fall war. Der Landtag gehört reformiert. Die Referatseinteilungen müssen durchleuchtet werden, Doppelgleisigkeiten sind abzustellen. Durch den Einsatz von Controlling soll die Verwaltung noch effizienter, sparsamer und leistungsfähiger werden. Ein eigener Landes-Rechnungshof soll zur Stärkung der Kontrolle dienen.
WZ: Stichwort Sicherheit.
Nießl: Das ist ein ganz wichtiger Bereich. Ich trete daher für den weiteren Assistenzeinsatz des Bundesheeres an unserer Grenze ein und ebenso für den Einsatz der Grenz-Gendarmerie. Für mich darf es kein Sparen auf Kosten der Sicherheit für die Menschen in unserem Burgenland geben, wenngleich ich das beim gegenwärtigen Sparkurs der FPÖ-ÖVP-Bundesregierung befürchten muss.
WZ: Ihre Stärken sind - nach Ihren Aussagen - der Zugang zu den Menschen, der Umgang mit ihnen, die Sorgen, Nöte und Wünsche der Menschen in der politischen Arbeit zu berücksichtigen. Sie wollen mit den Burgenländern den "Burgenländischen Weg" gehen. Haben Sie auch Schwächen ?
Nießl: Mich ärgert maßlos Falschheit, auf solche stelle ich bei mir oft eine Überreaktion fest. Aber man muss und soll auch in der Politik die Wahrheit sagen, ohne jede Intrige. Sonst müssten Sie über meine Schwächen meine Frau fragen. Vielleicht sagt sie Ihnen, dass ich oftmals sehr spät nach Hause komme. Aber dann komme ich von Menschen, mit denen ich deren Sorgen diskutiert habe. Ob das eine Schwäche ist ?