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Für den Schuldner ein Segen - für Gläubiger ein Fluch?

Von Günther Billes

Recht

Gastbeitrag: Die Reform des Privatkonkurses sorgt für Handlungsbedarf auf Gläubigerseite.


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Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 (IRÄG 2017) erleichtert die Entschuldung Privater erheblich. Was für den einzelnen Schuldner ein Segen ist, könnte für Gläubiger jedoch zum Fluch werden.

Das IRÄG 2017 sieht unter anderem eine Novellierung des Schuldenregulierungsverfahrens (gemeinhin als "Privatkonkurs" bekannt) vor, die mit 1. November in Kraft treten soll. Wesentliche Änderungen betreffen das Abschöpfungsverfahren, das nur eingeleitet werden kann, wenn ein vom Schuldner vorgeschlagener Zahlungsplan nicht die erforderliche Gläubigermehrheit erhält.

Die Novelle sieht die Verkürzung des Abschöpfungsverfahrens von sieben auf fünf Jahre und den Entfall der Mindestquote von zehn Prozent nach der derzeitigen Rechtslage vor. Dadurch können sich auch Schuldner mit sehr geringem respektive gar keinem Einkommen oder sehr hohen Schulden durch ein Abschöpfungsverfahren von ihren Verbindlichkeiten befreien. Mit der Reform ist eine Restschuldbefreiung sogar dann möglich, wenn die Gläubiger keinen Cent erhalten.

Als neue Voraussetzung für die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens ist vorgesehen, dass der Schuldner während des Insolvenzverfahrens - also von Konkurseröffnung bis zur Genehmigung des Abschöpfungsverfahrens durch das Gericht - einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich zumindest um eine solche bemüht haben muss. Diese Arbeitspflicht des Schuldners galt für die Dauer der Abschöpfung schon bisher. Die Bedeutung der Arbeitspflicht war im Abschöpfungsverfahren bisher aber gering, zumal der Schuldner zur Erreichung der Restschuldbefreiung ohnedies die zehnprozentige Quote erreichen musste und somit angehalten war, sich um ein Einkommen zu bemühen.

Missbrauch ist zu befürchten

Ob die neuen Regelungen geeignet sind, Missbrauch des neuen Abschöpfungsverfahrens durch arbeitsscheue oder der Schattenwirtschaft frönende Schuldner zu vermeiden, darf bezweifelt werden. Die ebenfalls neue Pflicht des Schuldners zur jährlichen Berichterstattung über seine Bemühungen am Arbeitsmarkt gilt nämlich nicht, wenn das Einkommen das Existenzminimum übersteigt, womit aber noch nicht gesagt ist, dass der Schuldner eine seinen Möglichkeiten entsprechende Erwerbstätigkeit ausübt. Wie die Gläubiger das mangelnde Bemühen feststellen oder gar erfolgreich bei Gericht geltend machen sollen, beantwortet der Gesetzgeber freilich nicht.

Zudem gilt die Auskunftspflicht des Schuldners erst dann als verletzt, wenn der Schuldner die Auskunft auch nach Aufforderung durch das Gericht nicht erteilt. Die Kontrollmöglichkeiten der Insolvenzgerichte sind beschränkt - nicht zuletzt deshalb, weil mit einer höheren Anzahl von Abschöpfungsverfahren gerechnet wird.

Ein in seinem Ausmaß noch nicht abschätzbarer Missbrauch der neuen Bestimmungen ist zu befürchten. Wenig überraschend ist das IRÄG 2017 daher bereits im Vorfeld auf Ablehnung durch Wirtschaft und Gläubigerschutzverbände sowie durch die mit der Umsetzung in die gerichtliche Wirklichkeit befassten Rechtspfleger gestoßen. Für Unternehmer stellt sich die Frage, welche Schlüsse in wirtschaftlicher Hinsicht aus der Reform des Abschöpfungsverfahrens zu ziehen sind. Die zwei Antworten schließen einander nicht aus:

Prävention: In Zukunft werden Unternehmer auf eine ausreichende Besicherung ihrer Forderungen (etwa durch Eigentumsvorbehalte) achten müssen. Die Besicherung durch Bürgschaften natürlicher Personen wird in den Hintergrund treten, weil sich auch die Bürgen künftig leichter entschulden können. Unternehmer werden womöglich auch die akzeptierten Zahlungsmethoden einschränken und künftig weniger Leistungen auf Rechnung erbringen, um ihrem Geld nicht bis in ein ertragloses Abschöpfungsverfahren nachlaufen zu müssen.

Reaktion: Bei Nichtzahlung von Kundenforderungen werden Unternehmer in Zukunft noch schneller als bisher reagieren müssen. Ein effizientes Forderungsmanagement ist daher das Gebot der Stunde. Da vor Insolvenzeröffnung das Prioritätsprinzip gilt ("wer zuerst kommt, mahlt zuerst"), wird langwierigen Inkassomaßnahmen eine zeitnahe Klagsführung mit anschließender Exekution vorzuziehen sein.

Günther Billes ist Rechtsanwalt und Partner bei Preslmayr Rechtsanwälte. Er ist vorwiegend im Gesellschafts-, Insolvenz- und Zivilrecht tätig.