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"Für Dich wasch’ ich perfekt"

Von Petra Tempfer

Politik

Laut Studie wird der Beruf der Hausfrau zunehmend attraktiver.


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Wien. "Wie schön, das hab’ ich mir gewünscht", frohlockt eine junge Mutter vor dem Weihnachtsbaum, als sie darunter ihr Geschenk erblickt: eine Jenaer-Glasschüssel. Dieser Werbespot aus den 1950ern spiegelt das typische Rollenverständnis der damaligen Zeit wider. Eine Hausfrau und Mutter, die ihren Mann bekocht und die Kinder hütet. Diesem Bild entsprechen auch jene offensichtlich zufriedenen Frauen aus dieser Zeit, die mit den Sätzen "Für Dich wasch’ ich perfekt" sowie "Gleich habe ich Zeit für Dich" für ein Wasch- respektive Geschirrspülmittel werben.

Die perfekte Hausfrau in einer perfekten Welt: Besonders Frauen lassen laut Studie die Klischees der 1950er Jahre wieder hochleben.
© © © PoodlesRock/Corbis

Doch sind diese Rollenbilder tatsächlich alt und verstaubt oder in unserem Innersten noch immer fest verankert? Offensichtlich Zweiteres. Hat doch eine aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts "Spectra" ergeben, dass es nach wie vor "traditionelle Zuschreibungen an die Geschlechter gibt" - und dass das klassische Rollenverständnis in gewissen Bereichen sogar wieder zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Vor allem, was die Rolle der Frau zwischen Berufstätigkeit und Mutterschaft betrifft, zeigen sich laut Studie "teils überraschende Befunde". Der Aussage "Im Grunde finde ich es richtig, dass sich Frauen um den Haushalt und die Kinder kümmern und die Männer das Geld verdienen" stimmten 54 Prozent zu - bei der vorigen Umfrage 2005 waren es nur 49 Prozent. Interessant ist, dass hauptsächlich die Frauen - und hier vor allem die über 40-Jährigen - für diesen Anstieg verantwortlich zeichnen: 51 Prozent, also um zehn Prozent mehr als 2005, beantworteten die Aussage mit "ja". Die Sicht der Männer (56 Prozent) blieb fast unverändert.

Auch der Beruf Hausfrau scheint wieder an Attraktivität gewonnen zu haben. Bejahten doch 56 Prozent den Satz "Der Beruf der Hausfrau ist genauso erfüllend wie jede andere berufliche Tätigkeit auch", was einem Plus von sechs Prozent gegenüber 2005 entspricht. Wieder sind es die Frauen, die die Wertigkeit des Hausfrauenberufs in die Höhe treiben. Die Zahl ihrer Zustimmungen ist von 45 auf 57 Prozent gestiegen, jene der Männer bewegte sich relativ konstant bei 55 Prozent (plus ein Prozent).

"Gegen-Pendelbewegung zu Feminismus"

Der Studie zufolge lassen also wieder mehr Frauen die Klischees hochleben - aber warum? "Die Mehrheit der Frauen, die sich voll und ganz der eigenen Karriere verschreiben, leidet irgendwann an Überlastung oder Sinnkrisen - speziell dann, wenn den Karriereplänen Partnerschaften oder Kinderwünsche zum Opfer fielen. Was wir momentan zu erleben scheinen, ist insofern vielleicht eine natürliche Gegen-Pendelbewegung zu all den teils schwierig zu erfüllenden impliziten Forderungen des Feminismus an die Frauen selbst. Diese suchen nun innerhalb der errungenen Freiräume nach besserer persönlicher Balance", meint dazu der Wiener Paartherapeut Richard Fellner zur "Wiener Zeitung".

"Vielleicht ist es aber gar kein Rückschritt, sondern vielmehr eine Normalisierung", gibt er zu bedenken - und schlägt damit in dieselbe Kerbe wie Dieter Bögenhold vom Institut für Soziologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. "Das Traditionelle war nie ganz unterdrückbar", sagt er. Vielmehr seien die Frauen in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend in die Männerbereiche vorgedrungen und "haben sich genommen, was sie konnten". Die Männer machten diese Entwicklung allerdings nie im selben Maß mit. Ihre Zuständigkeitsgebiete sind daher laut Bögenhold weitgehend unverändert geblieben, wodurch sich zwei Pole herauskristallisierten: Ein konservativer und ein antitraditioneller, der laut Bögenhold mit einer "extremen Liberalisierung in der Gesellschaft" einherging. Was wir derzeit erleben, sei, dass das Pendel wieder auf die andere Seite umschlägt.

"Auf dem Arbeitsmarkt, im Bildungssystem, in der Politik und Kunst hat es eine spektakuläre Revolution gegeben", sagt der Soziologe. Die Hälfte der Bevölkerung sei aufgewertet und integriert worden: die Frauen. So gibt es heute doppelt so viele weibliche Hochschulabsolventen wie in den 50er Jahren - mit einer Quote von 18 Prozent schließen heute nur geringfügig weniger Frauen als Männer ein Studium ab.

Vereinbarkeit von Familie und Job: ein Frauenproblem

Für die Zeit danach konnten die alten Muster allerdings nie ganz verdrängt werden. "Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird noch immer überwiegend als Frauenproblem dargestellt", betont Karin Tertinegg, Vorstandsmitglied des Vereins österreichischer Juristinnen. Drei wesentliche Indikatoren für die Rollenverteilung seien: Einkommen, Vermögen und unbezahlte Arbeit.

Laut einem von der Europäischen Kommission angenommenen Bericht zum Thema Gleichstellung von Männern und Frauen verdienen Letztere um ein Fünftel weniger. Sind doch in Österreich nur halb soviele Frauen (vier Prozent) wie Männer in Führungspositionen zu finden, so die Statistik Austria. Fast jede zweite Frau arbeitet Teilzeit, bei den Männern nur neun Prozent. Die Kinderbetreuung scheint also immer noch überwiegend Frauensache zu sein: Im Vergleich zu den Müttern beteiligen sich laut Familienministerium nur 17 Prozent der Väter an einem Kinderbetreungsgeld-Modell.

Gegenüber den 50er Jahren ist das dennoch ein Fortschritt. Als etwa in der Zeitschrift "Constanze" (1953) eine Autorin schrieb: "Ich sehe die Aufgabe einer Frau nicht in einem Beruf. Genügt es nicht, dass schon viele Männer Sklaven ihres Berufes geworden sind? Ich sehne mich danach, aus meinem Beruf auszuscheiden, um nur Frau und Mutter zu sein."