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Für die FPÖ geht’s ohne Schramme weiter

Von Karl Ettinger

Politik

Mit Kandidat Rosenkranz wurde zwar das Ziel einer Stichwahl verfehlt. Aber aufatmen können Regierung und SPÖ nicht.


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Die kleine Schramme auf der Stirn, abgedeckt durch ein Pflaster, mit der FPÖ-Präsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz am Wahlsonntag mit Ehefrau Susanne in seiner Heimatstadt Krems an der Donau beim Wahllokal aufkreuzte, hat keine Symbolkraft. Der Volksanwalt wollte Amtsinhaber Alexander Van der Bellen in eine Stichwahl zwingen. "Zweiter muss ich werden, und eine Stichwahl muss her", sagte er bei der Stimmabgabe. Dieses von Anfang ausgegebene - hochgesteckte - Ziel einer Stichwahl haben Rosenkranz und FPÖ-Obmann Herbert Kickl verfehlt. Aber Rosenkranz wurde nicht nur, wie erwartet, klar Zweiter bei der Hofburg-Wahl. Er schaffte mit gut 18 Prozent laut Hochrechnungen ein respektables Ergebnis angesichts mehrerer Mitbewerber im Mitte-rechts-Spektrum.

Die Bundespräsidentenwahl wurde damit jedenfalls nicht zu dem von Gegnern und Kritikern erhofften Dämpfer für FPÖ-Bundesparteiobmann Kickl. Die Erleichterung war in der freiheitlichen Parteispitze spürbar. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz interpretierte das Verfehlen der Stichwahl sogar gleich in einen "Tag der Freude" um: "Mit diesem Gefühl gehen wir heute gut schlafen." Die Tendenz gehe "hin zu einem Wechsel". Damit münzte er im ORF-TV-Interview das Abschneiden bei der Bundespräsidentenwahl sofort zu einer Bestätigung für den Kurs Kickls gegenüber der Bundesregierung von ÖVP und Grünen um.

FPÖ-Ergebnis dämpft Neuwahlgelüste endgültig

Der erst seit dem Frühjahr des Vorjahres im Amt befindliche FPÖ-Chef Kickl war bisher nicht nur blauer Hardliner auf der Oppositionsbank im Nationalrat. Er hat auch verbal Gift und Galle in Richtung Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach dessen erster Amtszeit gespuckt. Kickl und der von ihm ins Rennen geschickte frühere Klubchef Rosenkranz haben damit den Kampf um die Hofburg vor allem als Aufwärmrunde für einen künftigen Nationallratswahlkampf genützt.

Das Kratzen von Rosenkranz an der 20-Prozent-Marke wird nicht nur von der Freiheitlichen im Umfeld mit anderen Kandidaten, die wie Tassilo Wallentin, Gerald Grosz und Michael Brunner ebenfalls rechts der Mitte um Stimmen mitgemischt haben, bewertet. Das lässt Kickl und Co. hoffen, mit einem harten Oppositionskurs tatsächlich jüngste Umfrageergebnisse von deutlich mehr als 20 Prozent bei der nächsten Nationalratswahl schaffen zu können.

Das wird bei den Regierungsparteien ÖVP und Grünen umso mehr jedwede Gelüste auf vorzeitige Neuwahlen auslöschen. Der reguläre Termin für die Nationalratswahl ist im Herbst 2024. Aber auch in der SPÖ-Bundesparteizentrale wird das Abschneiden von Rosenkranz nicht als sanftes Ruhekissen betracht werden. In Umfragen für die Nationalratswahl liegt die Partei von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zwar momentan in Front, aber mit der FPÖ im Rücken.

Ein Freiheitlicher kann nach diesem Wahlsonntag zumindest heimlich Genugtuung verspüren: Norbert Hofer. Der Dritte Nationalratspräsident aus dem burgenländischen Pinkafeld musste Kickl im Vorjahr als FPÖ-Parteiobmann entnervt weichen.

Rosenkranz hat Hofers Abschneiden 2016 weit verpasst

Hofer kann für sich verbuchen, dass er am 24. April 2016 bei immerhin auch bereits sechs Kandidaten im ersten Wahlgang für die Bundespräsidentenwahl als blauer Oppositionspolitiker während einer rot-schwarzen Regierungszeit sensationell 35 Prozent erreicht hat. Das war fast ein doppelt so hohes Prozentergebnis wie nun für Rosenkranz.

Hofer hat damals als stimmenstärkster Kandidat glatt den Sprung in die Stichwahl um das höchste Amt im Staat geschafft. Erst dort ist er in der Wahlwiederholung Anfang Dezember 2016 mit knapp 47 Prozent dem ehemaligen Grünen-Chef Van der Bellen, der im ersten Wahlgang nur auf 21 Prozent der Stimmen gekommen war, unterlegen. Hofer hat allerdings vorzeitig ein neues Duell gegen Amtsinhaber Van der Bellen 2022 abgelehnt und damit Kickl bei der Suche nach einem blauen Alternativkandidaten unter Druck gebracht.

Von dem wollte naturgemäß Rosenkranz am Wahlabend am liebsten gar nichts hören. Er tat dies einfach als "unfairen Vergleich" ab. Eine Wahlwiederholung wie 2016 ist für die FPÖ dieses Mal kein Thema. Die Freiheitlichen wissen selbst, dass eine Wahlanfechtung angesichts viel handfesterer Sorgen im täglichen Leben von den hohen Treibstoff- und Energiepreisen bis zur Rekordteuerung bei den Österreichern auf keinerlei Verständnis stoßen würde.

Die FPÖ hat am Sonntag daher bereits die intern ausgegebene Parole ausgegeben: "Hackeln statt packeln." Kickl wird mit den Blauen den harten Oppositionskurs, mit dem es vor allem gelingt, Protestwähler anzusprechen, fortsetzen. Das wird die Regierung schon bei den beiden Nationalratsitzungen samt Budgetrede des Finanzministers am Mittwoch und Donnerstag in Form gewohnt scharfer Angriffe zu spüren bekommen.

Klar ist, wie es für Rosenkranz weitergeht. Der gescheiterte FPÖ-Hofburganwärter setzt seine Tätigkeit als Volksanwalt fort.