Verantwortlicher für Massenvergewaltigungen im Kongo kommt vor Gericht. | Nairobi/Goma. (dpa) Als die Nachricht von der Verhaftung des Milizenführers "Oberstleutnant Mayele" eintraf, sprach Margot Wallström, UN-Sonderbeauftragte gegen Gewalt in bewaffneten Konflikten, zufrieden von einem "Sieg der Gerechtigkeit". Mayele, ein Führer der im Ostkongo aktiven Mai-Mai-Milizen, soll verantwortlich für eine viertägige Gewaltorgie seiner Kämpfer Ende Juli sein. Fast 250 Frauen und Kinder wurden bei dem Überfall auf fünf Dörfer in der Provinz Nord-Kivu vergewaltigt, auch einige Männer wurden Opfer sexueller Gewalt.
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Viele Menschen in den seit mehr als 15 Jahren von Gewalt geprägten Kivu-Provinzen dürften froh sein, dass Mayele sich demnächst vor einem Militärgericht im Kongo verantworten muss. Doch er ist nur einer der Männer in Uniform, die den Menschen in Kivu das Leben zur Hölle machen. Und die Mai-Mai-Miliz ist keineswegs die einzige, die Vergewaltigungen gezielt und systematisch als Kriegswaffe einsetzt. Verschiedene Milizen, die in Kivu um Einfluss und Rohstoffe kämpfen, terrorisieren die Zivilbevölkerung. Einige von ihnen sind inzwischen in die Regierungstruppen integriert worden.
Mehr als 8000 Vergewaltigungen wurden im vergangenen Jahr im Ostkongo angezeigt - doch das ist nach Einschätzung von Experten nur die Spitze des Eisbergs, die Dunkelziffer liegt weit höher.
Helfer und Ärzte etwa im Krankenhaus von "Heal Africa" in Goma oder im Panzi Hospital in Bukavu berichten von schwer traumatisierten Patienten, wie etwa jenem zehnjährigen Mädchen, dass nach stundenlanger Vergewaltigung durch ein halbes Dutzend Rebellen mit schweren Unterleibsverletzungen ins Krankenhaus gebracht wurde und sechs Monate lang kein einziges Wort sprach.
"Die meisten Opfer gehen nach Hause und erzählen nichts von dem Vorfall, weil sie sich schämen oder Angst haben, von ihrem Mann wegen der Schande verstoßen zu werden", sagt Kasereka Lusi, der Gründer und ärztliche Leiter von "Heal Africa". "Viele werden immer wieder vergewaltigt, so lange die Rebellen in der Gegend sind. Für die Frauen ist es die Hölle."
Oft kommt es aber auch vor, dass Frauen und Mädchen vor den Augen ihrer Männer, Eltern oder Geschwister Gewalt angetan wird - eine gezielte Demütigung. Manche Frauen werden vor die Wahl gestellt, sich von den Rebellen sexuell missbrauchen zu lassen oder mit einer Weigerung den Tod des Mannes oder der Familie zu verantworten. Wenn die Frauen die Vergewaltigung als das vermeintlich geringere Übel wählen, werden zahlreiche dieser Opfer nach Angaben von Helfern hinterher von ihren Familien oder Dorfgemeinschaften ausgestoßen - sie haben, so heißt es dann, Schande über die Familie gebracht.