Zahl der Mädchen in der Technik steigt langsam an. | Fast 50 Prozent der Lehrmädchen wählen drei Berufe. | Vorbilder sind für Berufswahl wichtig. | Wien. Die Lehrberufe, die von Mädchen ausgeübt werden, sind relativ überschaubar: An die 70 Prozent der weiblichen Lehrlinge wählen aus nur zehn Berufen. An der Spitze stehen nach wie vor die Lehre im Einzelhandel, im Büro und beim Frisör. Alleine diese drei Berufe werden von fast 50 Prozent der rund 44.400 Lehrmädchen ausgeübt (Stichtag: 31. Dezember 2010). Weitere beliebte Lehrberufe sind: Restaurantfachfrau, Köchin, Verwaltungsassistentin oder Blumenbinderin.
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In technischen Lehrberufen sind die Mädchen aber kaum zu finden. So gab es mit Jahresende 2010 etwa nur sechs Landmaschinentechnikerinnen, denen 991 Techniker gegenüberstanden. Bei der Maschinenbau- und in der Installations- und Gebäudetechnik ist die Situation ähnlich. Hier gab es 4354 bzw. 4000 männliche Lehrlinge, aber nur 283 bzw. 30 weibliche.
Doch woran liegt es, dass nur wenige Mädchen technische Berufe erlernen möchten? Junge Frauen hätten oft eine Scheu vor Technik und seien auch nicht oft mit ihr konfrontiert, meint Günther Zauner von der Abteilung Lehrlings- und Jugendschutz in der Arbeiterkammer Wien (AK). Hinzu komme auch, dass bei Mädchen das Interesse an Technik "aus Erziehungsgründen nicht das größte" sei. In machen Fällen scheitert es aber nicht an den Mädchen, dass sie keine Lehrstelle bekommen. Laut Zauner würden manche Betriebe auch deshalb keine Mädchen aufnehmen, weil sie dann aus Arbeitschutzgründen umbauen und beispielsweise Toiletten für Frauen errichten müssten.
Österreich ist"konservatives Land"
Manchmal ist auch der Wohnort ein Grund, warum sich Mädchen gegen einen technischen Beruf entscheiden. "Am Land" sei es vielleicht einfacher eine Lehrstelle als Frisörin zu finden, als als Mechatronikerin, meint Beate Sprenger, Sprecherin des Arbeitsmarktservice (AMS). Sie räumt aber ein, dass es derzeit im Bereich der Mechatronik wenig neue Lehrberufe gebe und "von der Quantität her" mehr Lehrstellen bei Frisören und im Einzelhandel angeboten werden. Tanja Wehsely vom Wiener Arbeitnehmerinnen Förderungsfonds (waff) meint hingegen: Österreich sei ein "konservatives Land", wo die Kinder und die Pflege bei den Frauen "geparkt" werde und dies setze sich auch bei der Erziehung durch. Mädchen müssen ihrer Meinung nach "ermutigt werden, einen technischen Beruf zu ergreifen", aber auch das "Leben von Vorbildern" sei wichtig.
Ihre Ansicht deckt sich mit den Aussagen einiger Mädchen, die bei den ÖBB einen technischen Beruf erlernen. Sabrina Seebacher, Lehrling für Elektrotechnik, meint etwa: "Da ich meinem Vater früher oft bei Arbeiten im Haus geholfen habe, war es für mich klar, dass ich keinen typischen Frauenberuf wie Frisörin oder Verkäuferin erlernen wollte." Bianca Eichler, angehende Maschinenbautechnikerin, hat auch bereits als Kind technische Erfahrung innerhalb der Familie gesammelt und sich daher gegen einen "typisch weiblichen Beruf" entschieden. Obwohl die Mädchen nach wie vor selten in technischen Berufen zu finden sind, sind sich die Fachleute einige, dass die Zahl langsam aber doch ansteigt und Förderungsmaßnahmen sowie Schnuppertage Wirkung zeigen.
Schnuppertage haben positive Wirkung
Dies bestätigen auch die ÖBB: Mädchen würden immer mehr "die bisherige Männerdomäne Technik" erobern. Es gebe dezidiert den Wunsch, "dass noch mehr Mädchen den Mut haben, einen technischen Lehrberuf zu ergreifen", sagt Günter Hell, Leiter des ÖBB-Lehrlingswesen. Insgesamt gibt es bei den ÖBB 1850 Lehrlinge, davon sind 318 weiblich - gegenüber 2005 ist das ein Zuwachs von 20 Prozent.
Auch beim oberösterreichischen Elektrotechnikproduzent Fronius sind immer mehr Mädchen in technischen Berufen zu finden. Im Vorjahr fingen insgesamt 38 junge Menschen eine Lehre an, davon 15 Mädchen. Von diesen haben elf eine technische Lehre angefangen, so der Chef der Lehrlingsausbildung Rudolf Eitelsebner. In Summe würden mehr als 30 Mädchen einen technischen Beruf bei Fronius lernen - von insgesamt 142 Lehrlingen.