Ermüdung und Verzweiflung könnten sich breit machen. Roma und Sinti werden seit Jahrhunderten verfolgt und leiden bis heute unter Vorurteilen.
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Die Gewalt gegenüber Europas Roma scheint endlos, und die Hürden, die ihnen zur vollen Integration in den Weg gestellt werden, wirken unüberwindbar. In Mitteleuropa und auf dem Balkan existiert eine Geisteshaltung gegen Roma und Sinti, die oft sogar durch physische Vertreibung ihre Eliminierung aus dem öffentlichen Raum anstrebt. In vielen Städten und Dörfern werden sie in abgetrennte und ummauerte Bezirke gesteckt, ohne Zugang zu fließendem Wasser, Elektrizität oder öffentlichen Dienstleistungen. In Baia Mare (Rumänien) wurden sie sogar in eine stillgelegte Chemiefabrik mit hoher toxischer Belastung verwiesen. In Bulgarien und Ungarn werden sie in Ghettos von rechtsextremen Parteien terrorisiert, während unter dem Vorwand des Kampfes gegen Sozialhilfebetrug unverhohlen Arbeitslager errichtet werden. Aus Frankreich, Deutschland, Schweden und Italien werden sie ausgewiesen oder deportiert. In Ländern wie Kosovo, Portugal, Serbien, Kroatien und Polen ist rassistisch motivierte Diskriminierung Alltag.
Diese erschreckenden Verhältnisse könnten uns verzweifeln lassen, tatsächlich motivieren sie uns aber zu noch größerer Hingabe im Kampf für Würde und Gleichheit. Darum werden wir am Sonntag, 7. Oktober, in unseren Ländern auf die Straße gehen, mit der geeinten europäischen Zivilgesellschaft im Rücken. Von Norwegen bis Serbien, von Portugal bis Polen werden wir besonnen, aber bestimmt gemeinsam rufen: "Roma Pride - für die Würde der Roma!" Gemeinsam werden wir eine politische und kulturelle Mobilisierung einleiten.
Und unser Bestreben nach Anerkennung der individuellen Würde jener Menschen, deren Communities schon lange in Europa existieren, wird nicht vergebens sein. Auf institutioneller Ebene hat die EU durchaus schon einige Schritte in die richtige Richtung getan: 2011 mussten alle Mitgliedstaaten erstmals eine "Nationale Strategie zur Integration der Roma" verfassen und der EU-Kommission präsentieren. Allerdings bleibt fraglich, wie manche Strategien ohne Finanzierung und konkrete Planung wirklich etwas verändern sollen. Womöglich soll hier gar eine wirkliche Auseinandersetzung vermieden werden. Klar ist: Ohne echte Auseinandersetzung können Gewalt und Diskriminierung nicht verhindert werden.
Doch trotz allen Widrigkeiten entwickelt sich in Europa eine Roma-Elite mit einfachen und klaren Zielen: volle Gleichheit bei Rechten und Verantwortungen. Diese Elite aus politisch engagierten Frauen und Männern, Intellektuellen, Künstlern und Aktivisten, steht nicht nur für sich selbst. Sie ist tief verwurzelt in den Roma-Gemeinschaften, verteilt über den ganzen Kontinent. Und sie ist vollwertiger Teil der europäischen Zivilgesellschaft. Roma Pride ist ein Initiator und Unterstützungsmechanismus für eine selbständige Roma-Emanzipation. Die Integration der Roma stellt keine Gefahr für bestehende Kulturen oder deren Traditionen dar, die - in all ihrer Vielfalt - Teil des europäischen Erbes sind. Integration heißt überall das Ende von rassistisch motivierten Morden, Ghettos, Stigmatisierung und diskriminierender Gesetzgebung gegen Roma.