Ungestört von einer lästigen Öffentlichkeit debattiert das Parlament seit Monaten den Entwurf für eine neue Sicherheitsstrategie.
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Mit dem Parlament als öffentlichem Raum ist es nicht weit her. Seit März verhandelt nun ein eigens eingerichteter Unterausschuss den Koalitionsentwurf für eine neue Sicherheitsstrategie - bekanntlich eines der wichtigeren politischen Dokumente dieser Republik. Doch nachdem sich bereits die beiden Regierungsparteien unter Verweigerung jeder öffentlichen Debatte auf einen Entwurf geeinigt hatten, hält nun auch noch der Nationalrat den Deckel der Verschwiegenheit über die Verhandlungen fest drauf.
Die Geschäftsordnung des Nationalrats lasse keine öffentlichen Sitzungen zu, argumentiert der Vorsitzende des Unterausschusses, FPÖ-Mandatar Peter Fichtenbauer. Solche kann ein Ausschuss nur mit Mehrheit beschließen. Er selbst, so der Ausschussvorsitzende, würde ja schon wollen, nur eine Mehrheit dafür lasse sich nicht finden .. .
Das ursprünglich angepeilte Ziel, nämlich die Arbeit an der Sicherheitsstrategie noch vor dem Sommer abzuschließen, hat sich längst als Illusion erwiesen. Alle drei Oppositionsparteien, also FPÖ, Grüne und BZÖ, haben inhaltliche Änderungswünsche zum Koalitionspapier angemeldet. Da die Regierungsparteien auf einen einvernehmlichen Beschluss der neuen Sicherheitsstrategie Wert legen - bekanntlich wurde die derzeit noch gültige aus dem Jahr 2001 von Schwarz-Blau gegen Rot-Grün beschlossen -, haben SPÖ und ÖVP zugesagt, diese Begehren ernsthaft zu prüfen. Diese Prüfung erfolgt derzeit.
Am 21. Juni tagt der Unterausschuss zum nächsten Mal. Nicht-öffentlich, selbstverständlich.
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Wien ist ein Dorf, und dort schießen bekanntlich die Gerüchte wie Schwammerln aus dem Boden. In dem für alle Beteiligten unerquicklichen Match zwischen Verteidigungsminister Norbert Darabos und dem von ihm höchstselbst eingesetzten und später wieder abberufenen Generalstabschef Edmund Entacher fehlt auch vier Monate nach dem Eklat der entsprechende Bescheid, der die Abberufung begründet. Entacher stand den Plänen Darabos, die Wehrpflicht abzuschaffen, kritisch gegenüber.
Die Abberufung Ende Jänner erfolgte unter erheblichen politischen Kollateralschäden - so zeigt seitdem etwa Bundespräsident Heinz Fischer dem Minister ostentativ die kalte Schulter -, die eigentlich vorgesehene Zweimonatsfrist für den Bescheid verstrich ohne Ergebnis.
Dies und die Auffassung mancher Rechtsexperten, Entacher habe gute Aussichten, gegen seine Demontage erfolgreich zu berufen, lässt nun Heeres-Insider vermuten, es könnte gar nie zu einem Bescheid kommen. Was es nicht gibt, dagegen kann man auch nicht berufen, und irgendwann in absehbarer Zeit werde sich der General wohl in den Ruhestand verabschieden.. .
"Stimmt sicher nicht", beteuert der Sprecher von Minister Darabos: "Es wird einen Bescheid geben." Der Grund für die Verzögerung: Entacher habe um Fristverlängerung angesucht, um auf die in einem 90-seitigen Konvolut aufgelisteten angeblichen Verfehlungen und Pflichtverletzungen antworten zu können.
Mittlerweile ist Entachers Antwort jedoch im Verteidigungsministerium eingelangt. Wann der Bescheid nun endlich ausgestellt wird, steht dennoch in den Sternen. "Das kann ich nicht sagen", so der Sprecher, aber das Verfahren werde mit Sicherheit "ordentlich und gewissenhaft" abgeschlossen werden.
Übrigens: In den Ruhestand treten könnte Entacher jederzeit - wenn er nur wollte. "Wir hätten nichts dagegen", heißt es dazu offen aus dem Büro des Ministers. Fragt sich nur, ob auch der General selbst dem Minister diesen Gefallen tun wird. Derzeit ist Entacher bei einer anderen Stelle dienstzugeteilt.