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"Austrian Science Days" in Los Angeles | und New York. | Interesse am I.S.T. Austria vorhanden. | LosAngeles/NewYork. (apa) Die Resignation vergangener Jahre scheint einer vorsichtigen Neugier gewichen: In den USA und Kanada tätige österreichische Wissenschafter haben sich bei den diesjährigen "Austrian Science Days" in Los Angeles und New York besonders für die neuen Jobmöglichkeiten interessiert, die etwa die geplante Elite-Uni I.S.T. Austria oder der European Research Council (ERC) bieten. Dennoch wurde deutlich, dass es bei der Frage "Fortsetzung der Karriere in den USA oder Rückkehr nach Österreich?" auch oft um die Wahl zwischen "Neidgenossenschaft" und "easy living" geht.
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Fast 100 Austro-Wissenschafter kamen am Wochenende zu dem vom Infrastrukturministerium im Rahmen des Vernetzungs-Programms "brainpower" veranstalteten "Science Day" in New York, eine Woche zuvor waren es mehr als 50 bei der gleichen Veranstaltung in Los Angeles. Von den Experten, die über die Situation in Österreich und der EU informierten, interessierten vor allem der Interim-Manager des Institute of Science and Technology (I.S.T. Austria), Gerald Murauer, und dessen erste Job-Angebote sowie Ernst-Ludwig Winnacker, Generalsekretär des Europäischen Forschungsrats ERC, mit dem die EU erstmals Grundlagenforschung fördert. Beide Einrichtungen sind auf Exzellenz ausgerichtet, wollen ebensolche Arbeitsbedingungen bzw. Förderung bieten und sind damit auch für jene interessant, die vom US-Arbeitsmarkt für Forscher und den Arbeitsbedingungen an US-Unis verwöhnt sind.
Verwöhnte Forscher
Wie verwöhnt, zeigt das Beispiel der staatlichen University of California Los Angeles (UCLA) mit rund 37.000 Studenten, etwa 4000 wissenschaftlichen Mitarbeitern (inklusive Medical School) und einem Jahresbudget von 3,6 Milliarden Dollar (2,52 Milliarden Euro). Der Staat trägt dazu etwa 20 Prozent bei, das Uni-Spital erwirtschaftet rund eine Milliarde Dollar, 900 Millionen Dollar werden über Forschungsförderung eingeworben, 200 bis 300 Millionen Dollar machen die Studiengebühren aus, 300 Millionen Dollar kommen durch Spenden herein und etwa 400 Millionen Dollar durch andere Einnahmen. Doch nicht die Einnahmen für die Uni seien der Hauptgrund, warum sich die UCLA mit einer Abteilung mit 20 Mitarbeitern um geistige Eigentumsrechte kümmere, meinte der Forschungs-Vizerektor Roberto Peccei, "sondern um die Faculty (die wissenschaftlichen Mitarbeiter, Anm.) glücklich zu machen".
Zudem bietet das US-System zahlreiche Jobs für junge Wissenschafter: "Jeder, der hier Post-Doc macht und halbwegs erfolgreich ist, bekommt ein Angebot, der Arbeitsmarkt ist 100mal größer", sagte der österreichische Biochemiker Peter Kaiser von der University of California (UC) Irvine. Verlockend dabei sei, dass man von Anfang an eine Position als unabhängiger Gruppenleiter erhalte und so agieren könne wie in Österreich nur ein Uni-Professor. Diese Unabhängigkeit sei "unabdingbar, um jüngere Wissenschafter zurück nach Österreich zu bringen".
Neben den wissenschaftlichen Möglichkeiten dürfte aber auch das Leben im sonnigen Kalifornien einen guten Teil der Attraktivität ausmachen: "Hier ist alles sehr einfach, es ist ,easy living", so Kaiser. Die soziale Absicherung sei an den UC gleich wie in Österreich.
Beide Seiten hat Hans Zima kennen gelernt, der nach Tätigkeiten in den USA und Deutschland für eine Professur an der Uni Wien wieder in seine Heimat zurückgekommen ist und nun nach seiner Emeritierung neuerlich in den USA am Jet Propulsion Laboratory des California Institute of Technology (Caltech) tätig ist. "Die Rückkehr nach Wien war für mich ein Kulturschock", erinnert sich Zima, wobei ihn vor allem die "Neidgenossenschaft" in Österreich gestört hat: "Dieses Denken, irgendeine Energie zu verschwenden, um zu schauen, ob ein anderer mehr hat und ihm vielleicht deshalb zu schaden, das gibt es hier in den USA nicht."
Auch Dominik Fleischmann, Professor am Medical Center der Stanford University bei San Francisco, findet die Lebensqualität in Kalifornien viel besser als in Österreich. Dennoch würden alle, die schon länger hier in den USA seien, mit einem Auge auf Österreich schielen. Doch je länger man in den USA arbeite, desto schwieriger werde es, eine adäquate Position zu finden.
Gewaltig ist die Potenz von Stanford: 16 Milliarden Dollar beträgt das Vermögen, das Jahresbudget beträgt 3 oder sogar 4,5 Milliarden Dollar wenn man das Spital dazurechnet. Und das für 14.000 Studenten, die Hälfte davon bereits mit Bachelor-Abschluss ("graduates"). Rund 26.000 bewerben sich jährlich für ein Studium, doch nur 2000 werden genommen.
Superreich: Harvard
Neben dem Vermögen der Harvard University in Cambridge bei Boston (30 Milliarden Dollar) verblasst aber selbst Stanford. Doch obwohl Harvard so reich ist, merkt der österreichische Mathematiker und Biologe Martin Nowak nicht viel davon. Denn die Uni betrachte "jeden Professor als Einkommensquelle", der über Forschungsaufträge selbst Geld verdienen soll. Nowak ist dies bereits gelungen: Ein US-Mäzen hat ihm 2003 für den Aufbau eines Instituts für mathematische Biologie 6,5 Millionen Dollar für fünf Jahre gespendet und insgesamt 30 Millionen Dollar dafür in Aussicht gestellt.
Einen Teil des Erfolgs der amerikanischen Spitzenunis sieht Nowak in ihrem gezielten "Headhunting": "Hier wartet man nicht, bis ein Professor in Pension geht, um dann ein Berufungsverfahren für die Nachfolge einzuleiten, sondern schaut, welche Spitzenleute man gerade herholen könnte."
Nowak sieht aber die weltweit führende Universität auch realistisch kritisch: "Nicht jeder hier ist super, es gibt auch viel Mittelmaß." So seien von den Studenten vielleicht 15 Prozent wirklich gut. Im Unterschied zu Österreich, wo man angesichts der Schwere des Studiums nie Selbstvertrauen tanken könne und immer denke, das Interessante passiere woanders, würde Studenten an Unis wie Oxford oder Harvard vermittelt "Ihr seid die Besten", obwohl das Studium gar nicht so schwer sei.