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Für eine demokratische Kirche

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Kritische Laien werfen der Kirche "autoritären Zentralismus" vor.


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Wien. Jesus übertrug die Leitung seiner Gemeinde an Petrus und die Apostel. In deren Nachfolge führen Papst und Bischöfe die Gläubigen. Heißt das, dass Jesus für seine Kirche eine unveränderliche hierarchische Ordnung wollte? Nein, sagen die Vertreter von "Wir sind Kirche" und Laieninitiative und fordern eine demokratische Reform der Kirchenstruktur.

Jesus habe für die Kirche die bestmögliche Struktur gewollt, ist Peter Pawlowsky von der Laieninitiative sicher. Und Demokratie sei nun einmal die beste Form. Allerdings missachte die Kirchenführung die Pflicht, für sich die beste Regierungsform zu wählen. Aus diesem Grund sei Widerstand des Kirchenvolkes legitim, so Pawlowsky.

Allerdings gebe es in der katholischen Kirche nicht nur bei der Mitsprache demokratische Defizite. So kritisiert Martha Heizer von "Wir sind Kirche" die fehlende Gewaltenteilung in der Kirche. "Jedes Bezirksgericht hat einen höheren Standard als die Kirche", sagt sie und bezeichnet den Zustand der Kirche als "diktatorisch".

Die demokratische Krise der Weltkirche spiegle sich im oberösterreichischen Kopfing wider, sagt Peter Hurka, Vorsitzender von "Wir sind Kirche". Dort wehrt sich die Gemeinde gegen den von vielen als zu konservativ empfundenen Pfarrer. "Dort wird das Volk zu wenig eingebunden", sagt Hurka. "Es wäre die Aufgabe der Bischöfe, einen Dialog über den gemeinsamen Weg der Kirche aufzunehmen. Aber sie nehmen ihre Aufgabe nicht wahr."

Doch nicht nur mehr Demokratie fordern die kirchenkritischen Laien, sondern sie rufen die Gläubigen auch zu "mehr Eigenverantwortung" auf - und stellen sich damit hinter die Forderungen der Pfarrerinitiative. "Wir wenden uns entschieden gegen den Kurs der gegenwärtigen Kirchenleitung", heißt es in dem Aufruf, der auch den Bischöfen und dem Nuntius zugeschickt wurde. Rom wird darin ein "autoritärer Zentralismus" vorgeworfen, "der in einer Gesellschaft des 21. Jahrhunderts unerträglich ist".

"Priestermangel wird künstlich herbeigefügt"

Weil die Kirche jegliche Reformen verweigere, werde man "das Notwendige eigenverantwortlich wahrnehmen", um sicherzustellen, dass in den Gemeinden auch weiterhin Eucharistie gefeiert wird - notfalls auch ohne geweihte Priester. So sollen etwa Laien die Predigt halten. Auch wiederverheiratete Geschiedene ermutige man, zur Kommunion zu gehen.

Dass es zu wenig Priester für die Gemeinden gibt, dafür geben die Laien ebenfalls der fehlenden Bereitschaft der Kirche zu Reformen die Schuld. So seien alleine in Österreich 600 bis 800 Priester aufgrund von Heirat vom Priesteramt ausgeschlossen. Weltweit sollen es zehntausende sein. Mit dem Festhalten am Zölibat werde ein Priestermangel künstlich herbeigeführt.

Die Forderungen der Laien und der Pfarrerinitiative seien nicht neu, betont Hurka, sondern reichten lange zurück. "Sie wurden vor dem zweiten Vatikanischen Konzil entwickelt, im Konzil (1962-65, Anm.) beschlossen und danach umgesetzt." Erst mit der Ernennung von Hans Hermann Groer zum Wiener Erzbischof habe es Mitte der 80er Jahre eine "konservative Wende" gegeben, so Hurka. Doch das Kirchenvolk stehe hinter den Forderungen - und man sei bereit, Widerstand zu leisten, "nicht etwa, um die Kirche zu beschädigen, sondern gerade weil uns diese Kirche und ihre Heilung am Herzen liegt".