Im Vorfeld der am Freitag stattfindenden Reformgespräche mit der Stadtregierung präsentiert die ÖVP ihre Vorschläge.
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schon unter Rot-Grün wurde in Wien an einer Reform der U-Kommission gearbeitet. Doch wurden diese Verhandlungen ausgerechnet durch eine U-Kommission unterbrochen - nämlich jene zum Krankenhaus Nord. Ein Verfahren, bei dem die ÖVP viel gelernt hat und nun ihre Erfahrungen in die Reformarbeit einbringen will.
Denn diese Reform ist auch im Regierungsübereinkommen von SPÖ und Neos festgeschrieben - im Februar gab es bereits ein Parteiengespräch aller Fraktionen zu diesem Thema, ein zweites soll nun am Freitag folgen. Im Vorfeld hat die Wiener ÖVP der "Wiener Zeitung" ihre Forderungen für das Reformpaket präsentiert, das vor allem eine weitgehende Angleichung der Regeln auf Wiener Ebene an die Verfahrensregeln des Untersuchungsausschusses im Nationalrat vorsieht, wie Klubchef Markus Wölbitsch und Verfassungssprecher Patrick Gasselich am Mittwoch erklärten.
"Länger als acht Jahre"
Als einen wichtigen Punkt nannten die beiden die Abschaffung des Aktualitätsbezuges. Das heißt, es sollten künftig auch Missstände geprüft werden können, die länger zurückliegen. Nach geltender Regelung darf nämlich der Prüfgegenstand nicht länger als acht Jahre zurückliegen. Das heißt, dass etwa Kinderheimskandale aus den 60er Jahren momentan gar nicht geprüft werden könnten. "Diese Forderung wurde allerdings beim ersten Reformgespräch sowohl von SPÖ als auch Neos explizit abgelehnt", meinte Gasselich. Und zwar ohne Begründung.
Weiters sollte es laut ÖVP auch wie im Bund möglich sein, mehrere U-Kommissionen parallel abzuhalten - und zwar sowohl von der Minderheit als auch von der Mehrheit. Auch das sei derzeit nicht möglich. Wünschenswert wäre dann auch die Abschaffung der sogenannten seriellen Beschränkung, die besagt, jedes Gemeinderatsmitglied pro Wahlperiode nicht mehr als zwei Anträge auf Einsetzung einer U-Kommission unterstützen darf. "Im Burgenland wurde das etwa schon umgesetzt", betonte Wölbitsch.
Auch "Ausgelagerte" prüfen
Weiters will die Wiener ÖVP - ebenfalls nach Vorbild des Bundes - auch die Beteiligungsverwaltung als möglichen Prüfgegenstand verankert wissen; sprich: Auch die ausgelagerten Unternehmungen der Stadt Wien wie etwa die Wiener Stadtwerke oder Teile der Wien Holding sollten geprüft werden können.
Einer der wichtigsten Punkte für die ÖVP ist Gasselich zufolge die Einsetzung des Landesverwaltungsgerichts Wien als Schiedsinstanz zur Klärung inhaltlicher und verfahrensrechtlicher Streitigkeiten. Momentan sind dafür Bürgermeister und Landtagspräsident zuständig, die nach eigenem Ermessen über Einsetzungsanträge bestimmen können. Im Regierungsprogramm vorgesehen ist nun immerhin eine dreiköpfige Schiedsinstanz, die aus einem Pool von Richtern, Anwälten und der Notariatskammer ausgelost werden soll. Eine Angleichung an den Bund, wo der Verfassungsgerichtshof diese Schiedsinstanz darstellt, würde aber der ÖVP sinnvoller erscheinen, wie am Mittwoch betont wurde.
Eine weitere Forderung ist die Einführung eines grundsätzlichen Beweisbeschlusses - das bedeutet eine Verpflichtung zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen den Untersuchungsgegenstand betreffend, auf denen weitere Beweisbeschlüsse aufgebaut werden können. Nach geltender Regelung müssen Beweisbeschlüsse einzeln erfolgen, was etwa im U-Ausschuss zum KH Nord für Verzögerungen gesorgt habe. Im Nationalrat ist das ein Mehrheitsbeschluss, der allerdings von der Einsetzungsminderheit beim VfGH angerufen werden kann, wenn man es als zu wenig umfangreich erachtet.
Außerdem will die ÖVP unlimitierte Beweisbeschlüsse als Minderheitenrecht inklusive Einspruchsrecht. Das heißt: Künftig soll ein Viertel der U-Kommissionsmitglieder ergänzende Beweisanforderungen sowie die Ladung von Auskunftspersonen beschließen können. Dabei soll es auch Einspruchsmöglichkeiten geben sowie auch die Klärung durch die Schiedsinstanz, also des Landesverwaltungsgerichts.
Derzeit werden Beweisbeschlüsse von der Mehrheit getroffen. Und im Regierungsbeschluss steht, dass es sich bei den Beschlüssen um eine limitierte Anzahl handeln soll, was für die ÖVP "überhaupt nicht geht". Ziel sei ein austariertes System von Mehrheits- und Minderheitsbeschlüssen wie im Bund, das Einspruchsrechte der jeweiligen "Gegenseite" beinhaltet.
Außerdem dürften sich öffentlich Bedienstete nicht mehr der Aussage entschlagen können, meinen Gasselich und Wölbitsch. Um trotzdem auf Amtsverschwiegenheit Rücksicht nehmen zu können, soll künftig die Befragungsmöglichkeit in einer vertraulichen Sitzung geschaffen werden, so der Vorschlag.
Und weil man im Zuge einer U-Kommission oft von den Akten der Bundesbehörden abhängig ist, fordert die ÖVP die Schaffung einer Rechtsgrundlage für Amtshilfe durch eben diese. Beim U-Ausschuss zum KH Nord sei es passiert, dass die Staatsanwaltschaft eine Vorlage von Akten verwehrt hat, mit dem Hinweis darauf, dass es dafür keine Gesetzesmaterie gibt.
Eigenes Verfahrensrecht
Und last but not least fordert die ÖVP die Schaffung eines eigenen Verfahrensrechtes analog zum Nationalrat - sozusagen die juristische Zusammenfassung aller Reforminhalte. Statt wie bisher fünf Paragraphen soll demnach künftig ein eigenes Verfahrensrecht als Grundlage für die Einsetzung, Verfahren und Endbehandlung von U-Kommissionen und U-Ausschüssen gelten. "Denn die Wiener Abgeordneten haben es sich verdient, dieselben demokratiepolitischen Werkzeuge zu bekommen wie die Abgeordneten auf Bundesebene", so Gasselich.