Das neue ORF-Gesetz ist beschlossen. Damit wird der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF präzisiert und ein Schlussstrich unter das EU-Beihilfeverfahren gesetzt, was zu mehr Rechtssicherheit, nicht nur für den ORF, führt. Details sind bereits bekannt: Der ORF erhält gekoppelt an bestimmte Voraussetzungen (mehr österreichische Filme und Serien, Ausbau der Barrierefreiheit, Fortbestand des Radiosymphonie-Orchesters, neuer Spartenkanal für Information und Kultur etc.) auf vier Jahre verteilt insgesamt 160 Millionen Euro an Gebührenrefundierung.
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Eine unabhängige Medienbehörde wird geschaffen. Für den ORF wird es zukünftig Einschränkungen beim Online-Angebot geben. Frauen sollen mehr Chancen im ORF erhalten. Die Medienförderung für private und nicht kommerzielle Rundfunkveranstalter wird erhöht. Insgesamt steigert die Novelle Qualität, öffentlich-rechtliches Angebot, Transparenz und Kontrolle.
Doch welche wesentliche Frage steht dahinter? Sollten wir nicht die zentrale Frage stellen, wie wir uns einen starken Medienstandort vorstellen? Wie soll das Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen Institutionen und privaten Betreibern gestaltet werden? Ist ein Auseinanderdividieren wirklich die Lösung?
Die Antworten auf diese Fragen sind oft unterschiedlich. Während einige sich für private Medienunternehmen einsetzen, eine Ausdünnung des ORF-Programms aufgrund mangelnder finanzieller Mittel in Kauf nehmen und zur vermeintlichen Stärkung der Privaten die ORF-Angebote auf ein Minimum reduzieren möchten, betonen andere die Bedeutung öffentlich-rechtlicher Inhalte und sind bereit, dem ORF zur Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise mehr Geld zur Verfügung zu stellen.
Im Grunde jedoch gehen all diese Positionen am Kern und vor allem an der zukünftigen Entwicklung vorbei. Die Konkurrenten der österreichischen Medienunternehmen, die in einem sich international verschärfenden Wettbewerb agieren, sitzen nicht in Österreich. Sie heißen Google, Pro7 oder RTL. Ich befürchte daher, dass Beschränkungen des ORF weniger österreichischen Medienunternehmen, sondern vielmehr internationalen Konzernen nutzen.
Was ist die Schlussfolgerung? Wir müssen uns gemeinsam für den Medienstandort Österreich mit starken öffentlich-rechtlichen und privaten Unternehmen einsetzen. Das ORF-Gesetz ist ein Beispiel dafür, wie das gelingen kann. Es stellt dem ORF und den privaten Unternehmen zusätzliche Mittel zur Verfügung. Es beschränkt den ORF dort, wo bestimmte Aufgaben tatsächlich von privaten Unternehmen übernommen werden können, stärkt ihn jedoch insgesamt, damit er seiner Aufgabe als österreichisches Leitmedium nachkommen kann. Insgesamt wurden also adäquate gesetzliche Rahmenbedingungen für eine Stärkung des Medienstandortes Österreich beschlossen.
Josef Cap ist Klubobmann der SPÖ. Jeden Freitag lesen Sie hier den Gastkommentar eines Vertreters einer Parlamentspartei.