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Zum Gewaltverzicht in der politischen Auseinandersetzung rief bei der "Kundgebung für Toleranz und Demokratie" beim Holocaust-Mahnmal auf dem Wiener Judenplatz Wiens Bürgermeister Michael Häupl auf.
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Für Häupl stand - nicht zuletzt unter dem Eindruck der Ermordung des niederländischen Rechtspopulisten Pim Fortuyn - der Aufruf zum Gewaltverzicht im Mittelpunkt seiner Ansprache: "Die Weitergabe des Vermächtnisses 'nie wieder' kann sicher nicht mit Steinen erfolgen." Und: Demokratie könne nur durch Demokratie bewahrt werden.
Für ihn sei der heutige 8. Mai ein Freudentag, so Häupl, und kein Tag der Trauer. Natürlich gebe es genug Anlass zu gedenken, "etwa der Opfer der Shoa, der Roma und Sinti, der Kriegsgefangenen, der Homosexuellen, all jener, die den Prämissen ihrer Religion gehorcht haben und dafür ermordet worden sind, der Widerstandskämpfer und der Soldaten, die gefallen sind".
Neben Häupl griffen auch Vertreter von vier Religionsgemeinschaften bei der Kundgebung vor ca. 100 Personen das Wort: Der Präsident der israelitischen Kultusgemeinde Ariel Muzicant, der Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft Anas Shakfeh, der evangelische Landessuperintendent Peter Karner sowie der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl. Dabei übten vor allem Muzicant und Shakfeh leise Kritik am Begriff Toleranz im Titel der Kundgebung: Es bedeute Duldung von etwas, das eigentlich nicht gewollt sei. Tatsächlich gehe es jedoch um ein "respektvolles Miteinander".
Muzicant äußerte wenig Verständnis für Kundgebungen rechter Gruppierungen an einem Tag wie diesem, denn: "Für zighunderttausende Juden in ganz Europa hat am 8. Mai das Leben wieder begonnen." Weihbischof Krätzl unterstrich, dass die römisch-katholische Kirche alles tun werde, damit der Geist des 8. Mai erhalten und weiter vertieft werde. Karner, der wie Krätzl als Jugendlicher den 8. Mai 1945 als Befreiungstag empfand, meinte, er schäme sich für Angehörige seiner Generation, die das nicht begriffen hätten.