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Die völlige Öffnung des Gasmarktes wird für Haushalte nicht jene Ersparnis bringen, die sich der Wirtschaftsminister erwartet. Diesem nüchternen Resümee des Generaldirektors der Wiener Stadtwerke, Karl Skyba, folgte gestern im Rahmen der Bilanzpressekonferenz auch prompt die Kritik am Entwurf des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG II).
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Der österreichische Gaspreis ist im europäischen Vergleich niedrig, ihn zu unterbieten sei ein Ding der Unmöglichkeit. Wo die von Minister Martin Bartenstein prognostizierte Ersparnis für den Durchschnittshaushalt von 100 Euro pro Jahr herkommen soll, ist allen Mitgliedern des Fachverbandes Gas & Wärme unklar.
Zu erwarten sei das Gegenteil. Ähnlich wie bei der Strommarktliberalisierung würden am ehesten noch die Großabnehmer profitieren. Für den kleinen Kunden könnten sich die Kosten sogar erhöhen, weil die Marktpreise zum Tragen kommen und der Verwaltungsaufwand größer wird. Kostenumschichtungen zwischen Gas- und Netzpreis zugunsten der Kleinverbraucher sind aber nicht mehr zulässig. In Wien gibt es 100.000 Kunden, deren jährlicher Gasverbrauch unter 50 m³ liegt. Der Preis werde sich in Zukunft am Markt orientieren, Schwankungen müssten an die Verbraucher einmal pro Jahr bei der Endabrechnung weitergegeben werden. Die Verteuerungen der Jahre 1999/2000 wurden von der Gaswirtschaft noch abgefangen. "Es ist uns aber nicht möglich, in die roten Zahlen zu wirtschaften." Skyba, auch Obmann des Fachverbandes, und Kollegen wollen die Kunden auch mit günstigen Preisen bei der Stange halten. Da es beim Personal in den letzten Jahren Einschnitte gegeben hat, wird nun bei den Investitionen gespart. Denn ein Meter Leitung koste in verbautem Gebiet zwischen 370 und 870 Euro. "Wir können davon ausgehen, dass wir keine neuen Leitungen mehr bauen". Entrüstet ist Skyba, dass das von Beamten des Wirtschaftsministeriums gefertigte GWG II "ganz ohne Mitwirkung der österreichischen Gaswirtschaft entstanden ist", und er fordert Änderungen. So sei das Verbot von Wirkungskartellen nicht mit dem Rechtsstaat vereinbar. Der Anspruch auf Sonderschadenersatz wäre der Rechtsordnung fremd, und die Daten offenlegen zu müssen, hätte verheerende Auswirkungen auf EVU und Kunden. 2001 wurden 7.590 Mill. m³ Erdgas, also um 7% mehr als im Vorjahr, verkauft. Bei Haushalten und Gewerbe konnten 18.000 neue Kunden angeschlossen werden. In der Industrie kam es zu einem Verbrauchsrückgang von 1% (30 Mill. m³). Markant waren die Preise für die Stromerzeuger: Eine Kombination aus enormer Nachfrage, tiefen Temperaturen und dem Ausfall des größten Energiehändlers Enron ließ die Preise explodieren.